CO2-Bepreisung als ökonomische Antwort auf den Klimawandel
In der Umsetzung der deutschen und europäischen Klimaschutzziele spielt die CO2-Bepreisung bereits heute eine herausgehobene Rolle: Das europäische Emissionshandelssystem belegt seit 2005 die Stromerzeugung und die energieintensive Industrie in Europa mit einem Preis für CO2. In Deutschland besteht seit Anfang 2021 ein nationales Emissionshandelssystem insbesondere für die Sektoren Verkehr und Wärme, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Dieses sieht einen fixen Preis für CO2-Emissionen vor, der ab 2026 in ein Auktionsverfahren übergehen wird. Geht es nach der EU-Kommission, wird auch auf europäischer Ebene ein neuer Emissionshandel für Verkehr und Wärme aufgebaut und so die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Erdgas bepreist.
Warum ist die CO2-Bepreisung aus ökonomischer Sicht so wichtig? Beim Klimaschutz hat derzeit niemand einen Anreiz, sich so zu verhalten, wie es für die Gemeinschaft am besten wäre, denn Klimaschutz ist ein globales öffentliches Gut und Emissionen sind ein öffentliches Übel. Das bedeutet: CO2-Emissionen schaden über die Wirkungen des Klimawandels nicht nur dem Verursacher selbst, sondern in weit größerem Maße auch anderen – heute und in der Zukunft, lokal und global. Dies bezeichnet man als Externalität. Schaut man nur auf den persönlichen, heutigen Nutzen, werden diese Effekte nicht berücksichtigt. Dann wird viel zu wenig Klimaschutz betrieben und die Emissionen sind zu hoch. Wir befinden uns in einem sozialen Dilemma: Individuelle Interessen und gemeinschaftliches Wohlbefinden stehen im Konflikt. Die unsichtbare Hand des Marktes führt nicht dazu, dass Eigennutz auch die kollektive Wohlfahrt erhöht.
Durch eine CO2-Bepreisung erhalten Unternehmen und Haushalte einen Anreiz für Investitionen in Emissionsminderungen.
Vor mehr als 100 Jahren hat der englische Ökonom Arthur Cecil Pigou die ökonomische Antwort auf eine solche Externalität formuliert: die Bepreisung der schädlichen Aktivität durch den Staat. Die Idee ist einfach: Ein Preis auf CO2-Emissionen soll das Nichtbeachten der Wirkungen eigenen Handelns auf Dritte beenden. So lassen sich private Kosten der Nutzung der Atmosphäre und soziale Kosten für die heutigen und künftigen Generationen in Einklang bringen. Die unsichtbare Hand des Marktes bekommt einen grünen Daumen. Mit dem richtigen Rahmen funktioniert der Markt und liefert mit korrekten Preisen Anreize für klimafreundliches Wirtschaften. Bei richtiger Implementierung überwiegt die Umweltdividende die Kosten des Markteingriffs – es geht uns insgesamt besser!
Dabei ist zunächst irrelevant, wo die CO2-Emissionen anfallen. Eine Tonne CO2 hat praktisch dieselbe Klimawirkung, egal, in welchem Land, in welchem Sektor oder bei welcher Aktivität sie entstanden ist. Eine Tonne CO2 aus einem Kohlekraftwerk in China ist genauso gut oder schlecht wie eine Tonne CO2 aus dem Verbrennungsmotor eines deutschen Pkw. Da die Externalität unabhängig vom Ort der Emission ist, ist der CO2-Preis zur Internalisierung der Externalität auch idealerweise überall gleich hoch. In der Theorie würde das Klimaproblem also effizient durch einen einheitlichen globalen CO2-Preis gelöst. Die CO2-Bepreisung muss sich langfristig in diese Richtung orientieren.
Ausgestaltung als Emissionshandel mit Preiskorridor
Eine CO2-Bepreisung kann über eine CO2-Steuer oder über ein Emissionshandelssystem eingeführt werden. Die Höhe des Preises für eine Tonne CO2 sollte sich an den gesamten Kosten durch die Emission einer zusätzlichen Tonne CO2 orientieren. Die Unsicherheiten bezüglich dieser Kosten sind jedoch beträchtlich und reichen von kleineren Beträgen bis zu über 1.000 € / t CO2. Das Umweltbundesamt empfiehlt einen Kostensatz von etwa 200 € / t CO2, der mit fortschreitendem Klimawandel steigt. Nach dem Pariser Abkommen von 2015 soll die Erderwärmung im globalen Mittel auf deutlich unter 2 °C, möglichst auf 1,5 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau begrenzt werden. Um das 2-Grad-Ziel zu halten, dürfen weltweit maximal etwa 1.200 Gt CO2 zusätzlich in die Atmosphäre gelangen, beim 1,5-Grad-Ziel sogar nur noch etwa 400 Gt CO2 – bei augenblicklich etwas über 40 Gt CO2 weltweit pro Jahr. Statt gesellschaftlich »richtiger« CO2-Preise werden nun also »zielkonsistente« CO2-Preise gesucht, mit deren Hilfe sich die Klimaziele erreichen lassen.
Im Emissionshandel werden »zielkonsistente« CO2-Preise durch Angebot und Nachfrage der Emissionszertifikate realisiert. Wenn das Emissionsziel leicht zu erreichen ist, wird sich ein niedriger Preis einstellen; wenn die Emissionsminderung schwer ist, steigt der Preis. Vorhersagen sind nur bedingt möglich, denn der Markpreis hängt etwa von der technologischen Entwicklung oder der Konjunktur ab. Man weiß also, welche Emissionsminderungen erreicht werden, aber nicht zu welchem Preis. Bei einer CO2-Steuer ist es umgekehrt: Die Politik setzt den Preis, aber es ist unklar, welches Emissionsniveau daraus folgen wird.
Die Politik möchte beides: das gesetzte Ziel erreichen und den CO2-Preis vorhersehbar machen. Dies geht nicht. Da sich die Politik in Deutschland und in Europa vorhersehbar auf ein umfassendes Emissionshandelssystem festgelegt hat, sollte dieses so gestaltet werden, dass sich zumindest begrenzt der CO2-Preis absichern lässt. Ein Höchstpreis im Emissionshandel, bei dem zusätzliche Zertifikate in den Markt gegeben werden, stabilisiert den Handelspreis an der festgelegten Obergrenze und verhindert Verwerfungen durch zu starke Preisdynamiken und unerwünschte Abwanderung ins Ausland. Ein Mindestpreis, unterhalb dessen keine neuen Zertifikate in den Markt gegeben werden, stabilisiert den CO2-Preis im Emissionshandel auf einem gewissen Niveau und schafft so Planungssicherheit für Unternehmen und private Haushalte.
Damit die Klimaziele der EU erreicht werden, braucht es nach Schätzung der EU-Kommission CO2-Preise im Bereich von etwa 30 bis 65 € / t CO2 – je nach Ausgestaltung des Instrumentenpakets. Für Deutschlands Ziele vor der Novelle des Klimaschutzgesetzes lagen die Schätzungen bei 70 bis 180 € / t CO2. Nun sollte eine ernsthafte Diskussion über die Einführung und Weiterentwicklung von Preisbändern und deren Höhe beginnen: Im EU-Emissionshandel wurde mit der Marktstabilitätsreserve eine kaum nachvollziehbare Preissteuerung implementiert, die es dringend so zu reformieren gilt, dass klare und berechenbare Preissignale ermöglicht werden. Im nationalen Emissionshandel braucht es einen höheren und steileren Preispfad, der sich in Richtung »richtiger« und »zielkonsistenter« CO2-Preise bewegt. Es sollte einen verlässlichen, breiteren Preiskorridor geben, der zum Zielpfad passt und mehr Planungssicherheit ermöglicht.
Agenda für 2022
- Verschärfung der CO2-Bepreisung und Anpassung der Preiskorridore im nationalen Emissionshandel
- Beschleunigung des Infrastrukturausbaus, Bestandsaufnahme überlappender Maßnahmen und Überarbeitung der Klimaschutz-Governance
- Einstieg in die Energiepreisreform mit Senkung der EEG-Umlage
- Verschärfung des Minderungsfaktors und Einführung von Preiskorridoren im EU-Emissionshandel
- Verhandlungen zum internationalen CO2-Mindestpreis und Schaffung eines Klimaklubs
Leitinstrument in einem sinnvollen Instrumentenmix
Unter den vielen Maßnahmen der deutschen Klimapolitik gibt es komplexe Fördermechanismen und Instrumente, die häufig nicht an den Ursachen des Klimawandels ausgerichtet und kleinteilig, kurzfristig und nicht miteinander verzahnt ausgestaltet sind. Diese werden keine Hebelwirkung entfalten. Durch eine CO2-Bepreisung hingegen erhalten Unternehmen und Haushalte einen Anreiz für Investitionen in Emissionsminderungen, ohne dass es langfristig umfangreicher zusätzlicher und immer wieder anzupassender Förderinstrumente und Technologieprogramme bedarf. Denn die Geschäftsmodelle der Unternehmen und die Entscheidungen der Haushalte verändern sich.
Gleichwohl kann eine CO2-Bepreisung nicht das alleinige Instrument auf dem Weg in die Klimaneutralität sein. Komplementäre Maßnahmen wie ein nachhaltiger Infrastrukturausbau etwa für Transport, Speicherung und Verteilung von Wasserstoff oder die Förderung kritischer Technologien wie der CO2-Entnahme aus der Luft sind wegen der hohen Investitionsrisiken, Pfadabhängigkeiten und Lock-ins gerechtfertigt. Ein weitgehendes Umschwenken auf Elektrofahrzeuge erfordert eine flächendeckende Infrastruktur für schnelles Laden. Auch der gesellschaftliche Nutzen der Förderung von Forschung und Entwicklung, Innovationen, Diffusion und Adoption neuer CO2-armer Technologien wird durch CO2-Preise häufig nicht voll erfasst. Etliche wichtige Technologien stecken noch in frühen Entwicklungsphasen. Es braucht entsprechende Projekte, aus denen perspektivisch lohnende Geschäftsmodelle entstehen, um in der Zukunft zu den führenden Technologieanbietern etwa für Wasserstoff zu gehören.
Komplementäre Maßnahmen müssen aber abgewogen, punktuell und temporär eingesetzt werden. Ansonsten gilt es, die Überlagerung von Regulierung abzubauen. Die Stärkung der CO2-Bepreisung ermöglicht, Maßnahmen zum Klimaschutz neu zu bewerten. Dies gilt für überlappende ordnungsrechtliche Maßnahmen wie Gebote, Verbote, Auflagen oder Grenzwerte. Ihnen fehlt – im Gegensatz zur CO2-Bepreisung – das Preisschild für die Minderung der CO2-Emissionen. Dies bedeutet aber nicht, dass mit diesen Maßnahmen keine Kosten verbunden wären – ganz im Gegenteil.
Zudem muss die CO2-Bepreisung einheitlicher gestaltet werden: Auf europäischer Ebene wird ein zweiter Emissionshandel für Verkehr und Gebäude aufgebaut, der dem deutschen Emissionshandel sehr ähnlich ist. Es gilt, dieses europäische System zu stärken und das deutsche System perspektivisch darin zu integrieren. Mit der Einführung des zweiten Emissionshandels ergeben sich Emissionsminderungen marktgetrieben in den Sektoren und Mitgliedstaaten, in denen diese am günstigsten zu realisieren sind. Steigende CO2-Preise etwa in der Stromerzeugung wirken unmittelbar: Die meisten Kohlekraftwerke können nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden. Mit einem deutschen Kohleausstieg dürfte dann wohl weitgehend schon bis 2030 zu rechnen sein. Um trotzdem ein hohes Maß an Versorgungssicherheit zu erreichen, müssen die Erneuerbaren weiter ausgebaut, Flexibilitäten gehoben und europäische Ausgleichseffekte genutzt werden.
Im EU-Emissionshandel wurde mit der Marktstabilitätsreserve eine kaum nachvollziehbare Preissteuerung implementiert, die es dringend zu reformieren gilt.
Demgegenüber agieren Verbraucher, etwa im Verkehrssektor, relativ unelastisch gegenüber Preisänderungen. Erst substanziell höhere CO2-Preise dürften hier eine spürbare Lenkungswirkung entfalten. Dies ist aus ökonomischer Sicht durchaus sinnvoll, da zunächst ja relativ günstige Minderungsmaßnahmen im Vordergrund stehen sollen. Der Fokus im Verkehrssektor sollte entsprechend auf den komplementären Maßnahmen liegen, etwa auf dem Aufbau der Infrastruktur für alternative Antriebe oder auf der Unterstützung technologischer Entwicklungen. Sinnvoll wäre auch eine strecken- und zeitbezogene Straßennutzungsgebühr. Im Ergebnis wird es zu Abweichungen der Emissionen gegenüber der fortgeschriebenen EU-Lastenteilungsverordnung und den deutschen Sektorzielen kommen. Für die deutsche Klimaschutzarchitektur sollte das bedeuten, dass die Flexibilitäten der Lastenteilungsverordnung zwischen den Mitgliedstaaten besser genutzt und Sektorziele stärker als indikative Ziele begriffen werden. Schließlich sollten mittelfristig der erste und zweite europäische Emissionshandel zusammengeführt werden. Der damit einhergehende einheitliche CO2-Preis ist ein wichtiger Fixpunkt für eine effiziente europäische Klimapolitik.
Agenda für 2025
- Integration des nationalen Emissionshandels in den zweiten EU-Emissionshandel mit einheitlicher CO2-Mindestbepreisung für Verkehr und Wärme
- Beschleunigung komplementärer Klimaschutzmaßnahmen und Abbau von überlagernden Maßnahmen neben der CO2-Bepreisung
- Beschluss einer Klimaschutzarchitektur mit europäischen Flexibilitäten und indikativen Sektorzielen für Deutschland
- Schaffung eines CO2-Mindestpreises zumindest mit den USA und China und gemeinsame Entscheidung zum Grenzausgleich
- Abschluss der Energiepreisreform mit vollständigem Ersatz der EEG-Umlage
Chance für eine gerechte Transformation
Die Akzeptanz und politische Durchsetzbarkeit klimapolitischer Maßnahmen hängen nicht nur von den Kosten ab, sondern auch von den damit verbundenen Verteilungswirkungen. Da der Energieverbrauch zum Grundbedarf gehört, sind über die Einkommensgruppen betrachtet Stromkosten eindeutig regressiv. Das heißt: Ärmere Haushalte geben einen größeren Anteil ihres Nettoeinkommens für Strom aus. Das Gleiche gilt für die Bereiche Mobilität und Wärme. Ärmere Haushalte haben auch weniger Möglichkeiten zu Anpassungen, etwa weil sie bereits sehr sparsam leben oder kaum klimafreundliche Investitionen tätigen können. Deshalb gilt: Alle Maßnahmen, die explizit oder implizit die Kosten für Strom, Mobilität und Wärme erhöhen, belasten ärmere Haushalte in besonderer Weise.
Die stärkere CO2-Bepreisung macht nicht nur die Kosten des Klimaschutzes sichtbar, sondern legt auch die Verteilungswirkungen offen. Unerwünschte Verteilungswirkungen sind aber nicht neu. Die meisten Maßnahmen der deutschen Klimapolitik, von der Förderung von Photovoltaik und energetischer Gebäudesanierung bis hin zu Kaufprämien für Elektrofahrzeuge, verteilen Einkommen von unten nach oben um. Diese Effekte sind schwer zu beziffern und werden kaum diskutiert. Ganz anders mit einer CO2-Bepreisung. Aber: Mit einer sinnvollen Verwendung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung lässt sich eine Nettobelastung der unteren Einkommen vermeiden.
Bei einer Pro-Kopf-Rückverteilung der CO2-Einnahmen werden ärmere Bürger sogar begünstigt. Zwar geben diese einen prozentual höheren Anteil ihres Einkommens für Energie aus, absolut gesehen verursachen aber die reicheren Mitbürger mehr CO2-Emissionen. Weil bei der für alle Bürger gleichen Rückerstattung diejenigen mit unterdurchschnittlichen CO2-Emissionen profitieren, hilft dies armen Haushalten. Die CO2-Bepreisung ermöglicht also bei richtiger Ausgestaltung die Abfederung sozialer Härten bei den unteren Einkommensklassen und eine gerechtere Transformation. Dies gilt in sehr ähnlicher Weise auch für eine CO2-basierte Energiepreisreform, die eine stärkere CO2-Bepreisung mit einer Reduktion staatlicher Strompreisbestandteile kombiniert und Strom so günstiger macht. Die Entlastungswirkung für alle Stromkonsumenten kann die regressive Wirkung einer CO2-Bepreisung kompensieren.
Die Energiepreisreform macht darüber hinaus Sektorkopplung attraktiver. Während der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bereits bei fast 50 Prozent liegt, hinkt der Ausbau im Wärme- und Verkehrssektor hinterher. Die Nutzung erneuerbaren Stroms in allen Sektoren ist daher ein Schlüssel für das Erreichen der Klimaneutralität. Die Idee einer Energiepreisreform mit Reduktion staatlicher Strompreisbestandteile wurde bisher in Deutschland zögerlich umgesetzt. Die EEG-Umlage wurde lediglich gedeckelt und wird zukünftig leicht gesenkt. Jetzt sollte es darum gehen, das derzeit existierende komplexe System aus Entgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen grundlegend auf die tatsächlichen externen Effekte auszurichten und insbesondere die EEG-Umlage rasch anders zu finanzieren.
Gemeinsamer CO2-Mindestpreis als globaler Ansatz
Weder Deutschland noch Europa können allein im Klimaschutz erfolgreich sein. Allerdings ist nur etwa ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissionen einer CO2-Bepreisung unterworfen. Lediglich etwa die Hälfte der eigenen nationalen Klimabeiträge (NDCs) im Pariser Abkommen sieht überhaupt eine CO2-Bepreisung vor, um nationale Ziele zu erreichen. Weniger als fünf Prozent der globalen Emissionen unterliegen einer CO2-Bepreisung, die im Einklang mit dem Pariser Abkommen steht. Entsprechend sollte Deutschland seine Bemühungen für vergleichbar hohe Klimaschutzambitionen intensivieren. Dies gilt besonders für die wichtigsten Handelspartner, die ja alle ebenfalls klimaneutral werden wollen, etwa die USA, Japan und Südkorea bis 2050, China im Jahr 2060.
Die unsichtbare Hand des Marktes führt nicht dazu, dass Eigennutz auch die kollektive Wohlfahrt erhöht.
Ziel sollte ein gemeinsamer CO2-Mindestpreis auf internationaler Ebene sein. Dieser schützt vor Trittbrettfahrern und egoistischem Verhalten, schafft einen intuitiven Vergleichsmaßstab, vereinfacht die internationalen Verhandlungen und ermöglicht die Verfolgung ambitionierterer nationaler Ziele. Im Kern liegt das Problem eines einheitlichen globalen CO2-Preises darin, dass dabei die Minderungskosten für die Entwicklungs- und Schwellenländer überdurchschnittlich hoch sind. Dies hängt mit der hohen Emissionsintensität dieser Volkswirtschaften zusammen, aber auch mit den (nicht) vorhandenen Klimaschutztechnologien. Deswegen werden diese Länder keine hohen CO2-Preise akzeptieren. Für wohlhabendere Länder sind höhere CO2-Preise schon eher akzeptabel, da diese mit geringeren Kosten verbunden sind. Eine einheitliche internationale CO2-Bepreisung wird es daher nur geben können, wenn eine erhebliche Umverteilung von den Industrieländern zu den Entwicklungs- und Schwellenländern und ein Technologietransfer stattfinden. Das ist in jedem Fall besser als die aktuell unterschiedlich hohen CO2-Preise im internationalen Kontext.
Starke Unterschiede in der CO2-Bepreisung können die Wettbewerbsfähigkeit in emissions- und handelsintensiven Sektoren belasten und dazu führen, dass Wertschöpfung und CO2-Emissionen in Regionen mit weniger strikter Klimagesetzgebung außerhalb der EU verlagert werden. Dann ist ein Grenzausgleich, der im Ausland hergestellte Produkte an der europäischen Grenze entsprechend dem CO2-Gehalt verteuert, prinzipiell ein mögliches Instrument zur Nivellierung der CO2-Bepreisung. Allerdings dürften Handelspartner dies als protektionistische Maßnahme werten und entsprechend Gegenmaßnahmen ergreifen. Deutschland als exportorientiertem Land drohen dann hohe Kosten. Wegen der handelspolitischen Verwerfungen sollte ein Grenzausgleich – wenn überhaupt – nur sehr zielgerichtet und mit Bedacht eingesetzt werden, etwa sukzessive in wenigen Sektoren und lediglich an den Außengrenzen eines möglichen Klimaklubs. Der exportorientierten deutschen Wirtschaft dürfte in jedem Fall nur bedingt geholfen sein. Auch wenn es keine einheitliche globale CO2-Bepreisung geben wird, könnte ein gemeinsamer CO2-Mindestpreis und höhere CO2-Preise ambitionierterer Staaten in einem möglichst großen Klimaklub der Schlüssel sein, um die Klimaziele von Paris zu erreichen.
Agenda für 2030
- Zusammenführung der beiden europäischen Emissionshandelssysteme und Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Sektoren Verkehr und Wärme mit Schaffung eines einheitlichen CO2-Preises für Europa
- Überführung der Mengenziele der eigenen nationalen Klimabeiträge (NDCs) in einen einheitlichen globalen CO2-Mindestpreis gemäß dem Pariser Abkommen
- Schaffung eines globalen Transfermechanismus zur Adressierung von Verteilungswirkungen