Klimaneutraler Beton: Von der Vision zur grünen Realität

Beton ist einer der wichtigsten und am weitesten verbreiteten Baustoffe der Welt. Er hat immense Vorteile, doch bei der Herstellung seines wichtigsten Bestandteils, des Zements, wird aufgrund der dabei ablaufenden chemischen Prozesse und des hohen Energieaufwands der Brennöfen eine große Menge Kohlendioxid (CO2) freigesetzt. Innovative Technologien wie Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 machen eine klimaneutrale Zementherstellung möglich. Auch dem Recycling von Baustoffen in Verbindung mit dem Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft kommt eine entscheidende Bedeutung zu.

Der Grundstoff Zement begleitet das Bauen schon sehr lange. So besteht das im Jahr 80 unserer Zeitrechnung fertiggestellte Pantheon in Rom zu einem großen Teil aus opus caementitium, einem Vorläufer unseres heutigen Betons. Heute jedoch – auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft – steht die Zementindustrie vor der vielleicht größten Herausforderung ihrer Geschichte. Denn nur ein Teil der CO2-Emissionen entsteht durch den Einsatz von Brennstoffen für Herstellung und Transport von Zement und ist daher durch klimaneutrale Energieträger zu ersetzen. Der größere und derzeit noch unvermeidbare Teil der Treibhausgase stammt aus chemischen Prozessen in der Zementproduktion selbst.

Langfristig ist eine klima­neutrale Zementherstellung nur möglich, wenn es gelingt, das CO2 abzuscheiden und als Rohstoff einzusetzen.

HeidelbergCement geht die Herausforderung mit voller Energie an und verfolgt uneingeschränkt das Ziel der Klimaneutralität. Als Technologieführer der Branche ­sehen wir uns in der Pflicht, nicht nur ehrgeizige Ziele zu setzen, sondern diese auch zu erreichen.

Zement als Schlüssel zum nachhaltigen Bauen

Zement und Beton sind zwei der wichtigsten Grundstoffe unserer modernen Welt. Anders als in der öffentlichen Diskussion oft dargestellt, sind Zement und Beton aber keine Synonyme. Bei Beton handelt es sich um einen künstlichen Stein, der aus drei Hauptkomponenten besteht: kleinen Sand- und Gesteinskörnern, Wasser und Zement. Zement, hergestellt meist auf der Basis von Kalkstein, übernimmt dabei die Rolle des ­Bindemittels, das dem Beton die hohe Festigkeit verleiht. Anders formuliert: Ohne Zement gäbe es den Baustoff Beton nicht.

Auf den ersten Blick ist daher die Frage legitim, ob ­Beton durch andere Baustoffe ersetzt werden kann – dann wären auch die Emissionen aus der ­Zementherstellung nicht mehr relevant. Die Antwort darauf hat mehrere Facetten. Erstens erfordert der Aufbau einer Infrastruktur für eine nachhaltige Welt einen hochfesten und dauerhaltbaren Baustoff, der nicht auf Basis von Biomasse wie Holz hergestellt ­werden kann. Die Fundamente von Windkraftanlagen, U-Bahn-Schächten in Metropolen oder Speicherbecken für Kläranlagen sind nach heutigem Ingenieurswissen allein mit dem Baustoff Beton herzustellen. Zweitens wächst nicht nur der Bedarf an Infrastruktur. Auch der Hochbau wird in den kommenden Jahrzehnten eine steigende Nachfrage erleben. Einer Hochrechnung der Vereinten Nationen zufolge werden im Jahr 2050 allein in den Städten rund 2,5 Milliarden Menschen mehr als heute leben. Den daraus resultierenden Mehrbedarf an Schulen, Krankenhäusern, Wohn- und Gewerbebauten allein mit anderen Baustoffen als Beton zu decken ist schlicht nicht möglich.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von Beton liegt ­darin, dass er sehr langsam verwittert und sich damit der CO2-Fußabdruck des Bauens auf viele Jahre verteilt. Beton besitzt darüber hinaus eine sehr hohe Wärmespeicherkapazität. Über die sogenannte ­Betonkernaktivierung können Decken und Wände als Kälte- oder Wärmespeicher eingesetzt werden. Das senkt den Energieeinsatz für Klimatisierung und Heizung und erleichtert zudem den Einsatz von nachhaltigen Heizungstechnologien wie Wärmepumpen. Hinzu kommt, dass Beton mit seinen hellen Oberflächen die Sonneneinstrahlung besser reflektiert als dunkle Baumaterialien. Dieses Rückstrahlvermögen senkt den Treibhauseffekt – nicht umsonst hatte der Physiker Steven Chu, ehemaliger Energieminister der USA, einst den Vorschlag gemacht, sämtliche Dächer des Landes weiß zu streichen. Darüber hinaus ist Beton vollständig recycelbar und eignet sich hervorragend zum Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

Es gibt daher keine echte Alternative zum Baustoff Beton und somit auch nicht zum Grundstoff Zement. Vielmehr muss es uns gelingen, Zement klimaneutral zu produzieren.

Eine Reduzierung des Klinkeranteils kann die Klimabilanz von Zement signifikant verbessern.

Der Weg, der auch von der Entwicklung innovativer Technologien abhängt, ist zwar beschwerlich, aber machbar. HeidelbergCement hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emission pro produzierter Tonne Zement bis zum Jahr 2025 um 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu senken – und zwar nicht nur in Deutschland, ­sondern weltweit. Wesentlich dazu beitragen wird die Verringerung der energiebedingten Emissionen, unter anderem durch den Einsatz alternativer Brennstoffe. Je näher wir dem Ziel der Klimaneutralität kommen wollen, desto wichtiger wird es, die durch den Herstellprozess bedingten Emissionen zu reduzieren. Der Blick in ein Zementwerk verdeutlicht anschaulich, was damit gemeint ist.

Bausteine für klimaneutralen Zement

Wichtigstes Ausgangsmaterial für die Zementherstellung ist Kalkstein. Das ist unter Klimaschutzaspekten zunächst eine gute Nachricht, denn Kalkstein ist in den meisten Weltregionen reichlich vorhanden, sodass lange Transportwege entfallen. Chemisch betrachtet, enthält Kalkstein jedoch Kohlen- und Sauerstoff, die im Herstellprozess entfernt werden müssen – nur so kann der Zement später mit Wasser reagieren und sich wieder zu einem festen Stein verbinden. Die Entsäuerung erfolgt in speziellen, mit einer Temperatur von 1.450 Grad Celsius betriebenen Öfen. Dabei entsteht das Zwischenprodukt, der sogenannte Klinker, der anschließend mit weiteren Stoffen wie Gips zu Zement vermahlen wird.

In gewisser Weise zeigt dieser Prozess bereits, bei welchen Bausteinen der Zementproduktion der CO2-­Ausstoß minimiert oder sogar eliminiert werden kann:

  • Baustein 1: Die energiebedingten Emissionen zum ­Betrieb der Öfen lassen sich durch Effizienzsteigerung und den Einsatz alternativer Brennstoffe verringern. Kommen für die Wärmeerzeugung grüner Wasserstoff und für den Betrieb der Mühlen nur grüner Strom zum Einsatz, können die Emissionen perspektivisch auf null gesenkt werden.
  • Baustein 2: Da die durch den Herstellungsprozess ­bedingten Emissionen – in unserer Branche sprechen wir von direkten Emissionen – im Wesentlichen von der Höhe des Klinkeranteils im Zement abhängen, kann eine Reduzierung des Klinkeranteils die Klimabilanz signifikant verbessern.
  • Baustein 3: Selbst wenn der Klinkeranteil auf 50 Prozent reduziert würde, käme es weiterhin zu direkten Emissionen in signifikanter Größenordnung. Daher ist eine Abscheidung und Verwertung des entstehenden Kohlendioxids ein wichtiger Teil der Gesamtlösung. Vor allem in der Transformationsphase trägt eine sichere Speicherung des abgeschiedenen CO2 zum Klimaschutz bei.
  • Baustein 4: Der Baustoff Beton muss so weit wie ­möglich Teil einer Kreislaufwirtschaft werden. Denn das Produkt ist zu 100 Prozent recycelbar. Weitere Forschung an innovativen Verfahren wie der Rekarbonatisierung ist aber notwendig. Rekarbonatisierung bezeichnet die künstlich forcierte Rückverwandlung von in Betonabbruch enthaltenem Zement in Kalkstein.

Noch besser, als CO2-neutrale Energieträger zu verwenden, ist es, weniger Energie zu verbrauchen.

Für eine erfolgreiche Transformation in der Zementindustrie werden alle vier Bausteine benötigt. HeidelbergCement hat für alle Bausteine entsprechende Maßnahmen festgelegt, die gestaffelt umgesetzt werden. Vor allem arbeiten wir an deren Skalierung.

Baustein 1: Energiebedingte Emissionen mindern

Bereits heute liefern alternative Brennstoffe durchschnittlich ein Viertel der von HeidelbergCement aufgewendeten Energiemenge für die Klinkerherstellung. Eine wichtige Alternative zur Kohle stellen beispielsweise Altreifen dar. Sind Reifen mehrfach runderneuert worden, kann das Gummimaterial nicht mehr zur Neureifenproduktion wiederverwendet werden. Wird es hingegen verbrannt, so sind die pro Kilowattstunde Wärme entstehenden CO2-Emissionen niedriger als bei Kohle. Zudem enthält jeder Reifen auch einen Anteil von 20 bis 25 Prozent Naturkautschuk – das darin enthaltene CO2 wurde von Gummibäumen durch Fotosynthese zuvor der Luft entzogen. Grundsätzlich CO2-neutral sind zudem alle biogenen Brennstoffe, sofern dafür Abfälle und Reststoffe genutzt werden können. HeidelbergCement setzt dabei auf lokal verfügbare Stoffe. Dazu gehören getrockneter Klärschlamm oder auch Abfälle aus der Agrarwirtschaft und der Papierindustrie sowie nicht rezyklierbare Kunststoffabfälle.

Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, bleibt wenig Zeit, da sich CO2 über lange Zeiträume in der Atmo­sphäre anreichert.

Noch besser, als CO2-neutrale Energieträger zu verwenden, ist es, weniger Energie zu verbrauchen, unter anderem durch Umrüstung auf moderne Öfen und Systeme zur Wärmerückgewinnung. Die Abwärme aus den Öfen dient vor allem dazu, die verwendeten Roh- und Brennstoffe zu trocknen. An einigen Standorten speist HeidelbergCement die Energie auch in Fernwärmenetze ein. Insgesamt werden heute bereits 75 Prozent der Abwärme genutzt. Eine weitere Steigerung der Energieeffizienz ist vor allem eine Frage der digitalen Anlagenführung und des Energiemonitorings. Denn aus einer Anlage, die gleichmäßig ausgelastet ist und stets im optimalen Temperaturfenster arbeitet, lassen sich immer noch einige Prozentpunkte Effizienz herausholen. Als Technologieführer adaptiert HeidelbergCement moderne »Industrie 4.0«-Konzepte für die Zementbranche.

Baustein 2: Klinkeranteil reduzieren

Da die direkten Emissionen während der Klinkerherstellung wesentlich den CO2-Fußabdruck des Zements beeinflussen, ist es naheliegend, den Anteil des Klinkers im Zement zu reduzieren. Vor einigen Jahren lag er noch bei über 90 Prozent. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass es eben jener Klinker ist, der für die hohe Festigkeit von Beton sorgt. Da sich Architekten und ­Bauingenieure bei ihren Berechnungen darauf verlassen müssen, dass ein Baustoff immer in gleicher Qualität zur Verfügung steht, sind Beton- und Zementsorten standardisiert. So legen die europäischen Normen für Zement bestimmte Mindestanteile für Klinker fest – je nach Materialklasse zwischen 20 und 95 Prozent. Folglich müssen alle Innovationen eines Zementherstellers zu Materialien führen, die trotz geringeren Klinkeranteils in jeweils spezifischen Anwendungen im Hoch- und Tiefbau eingesetzt werden können.

Die energiebedingten Emissionen zum Betrieb der Öfen lassen sich durch Effizienzsteigerung und den Einsatz alternativer Brennstoffe verringern.

In den vergangenen 20 Jahren hat HeidelbergCement die Entwicklung neuer Zementsorten vorangetrieben, in denen Teile des Klinkers durch Hüttensand, Flugasche und andere Stoffe ersetzt werden. Aktuell beträgt der Klinkerfaktor konzernweit etwas mehr als 70 Prozent – eine Absenkung auf 50 Prozent scheint langfristig möglich, ohne Lebensdauer und Sicherheit von Betonbauten zu beinträchtigen. Weil derzeit noch ein Teil der verwendeten Stoffe aus Hochofenschlacken und Kohlekraftwerks-Aschen besteht, arbeitet HeidelbergCement auch an Prozessen, die ohne diese ­industriellen Reststoffe auskommen.

Baustein 3: CO2 abscheiden und nutzen

Da bei der Entsäuerung von Kalkstein immer Kohlendioxid freigesetzt wird, ist langfristig eine klimaneutrale Zementherstellung nur möglich, wenn es gelingt, das CO2 abzuscheiden und als Rohstoff einzusetzen. In vielen Industriezweigen – etwa bei der Herstellung von Düngemitteln, Treibstoffen für Flugzeuge oder hygienischen Medizinprodukten aus Kunststoff – wird Kohlenstoff dringend benötigt. Bislang wird dieser fast ausschließlich aus Erdöl und Erdgas gewonnen. Eine Alternative zu den fossilen Rohstoffen aus der Erde kann der unvermeidbare »Produktionsabfall« aus prozessbedingtem CO2 bei der Zementherstellung sein.

Aus einer Anlage, die gleichmäßig ausgelastet ist und stets im optimalen Temperaturfenster arbeitet, lassen sich noch einige Prozentpunkte Energieeffizienz herausholen.

Sowohl das Abscheiden von CO2 (carbon capture) als auch dessen Weiterverarbeitung (carbon usage) sind in zahlreichen Forschungsprojekten international untersucht worden. So ist HeidelbergCement an einem 2016 gestarteten Forschungsprojekt der Europäischen Union federführend beteiligt, in dessen Rahmen ein innovatives Verfahren erprobt wird: die indirekte Kalzinierung. Bei diesem Verfahren wird das Kalksteingemisch indirekt beheizt, sodass das während der Entsäuerung entstehende CO2 nahezu rein entweicht und abgeschieden werden kann. Da dieses Kohlendioxid nicht aus Verbrennungsprozessen stammt, liegt es in sehr gut verwertbarer Form vor. Erfahrungen kann HeidelbergCement auch mit der sogenannten post-combustion-Abscheidung vorweisen, die das CO2 aus dem Abgas des Ofens abscheidet.

Beide Verfahren eignen sich prinzipiell zur Nachrüstung bestehender Zementwerke. Das ist nicht unerheblich, denn allein in Deutschland gibt es 54 Zementwerke mit Klinkererzeugung – zehn davon werden von HeidelbergCement betrieben –, weltweit existieren mehrere Tausend. Die üblichen Betriebszeiten für einen Brennofen betragen 30 bis 50 Jahre, sodass es zwingend notwendig ist, nachrüstfähige Lösungen zu entwickeln. Davon unbenommen arbeitet die Branche aber auch an anderen Verfahren wie der Oxyfuel-Technologie, bei der abgeschiedenes CO2 als Rohstoff für synthetische Kraftstoffe genutzt wird. Diese Technologie kann vor allem bei neuen Ofenanlagen eingesetzt werden.

Baustein 4: Eine Kreislaufwirtschaft für Beton etablieren

Bereits heute wird ein hoher Anteil des aus Abrissgebäuden stammenden Betons wiederverwendet. Zahlen des Bundesverbandes Baustoffe zufolge werden aktuell nur 6,1 Prozent des gesamten Bauschutts in Deutschland auf Deponien verbracht, während beinahe 94 Prozent verwertet werden. Das Abbruchmaterial von Betonbauten wird dabei häufig als Zuschlagmaterial im Straßenbau genutzt oder dient zur Abdeckung von Deponien und Tagebauen. Auch wenn Abbruchbeton damit eine wichtige Funktion erfüllt, sprechen der hohe Energieeinsatz und die prozessbedingten CO2-Emissionen dafür, die stoffliche Nutzung voranzutreiben. So kann Betongranulat als Zuschlagstoff in der Herstellung von Frischbeton verwendet werden.

Gelingt es, die neuen Technologien zu skalieren und auch außerhalb ­Europas zur Anwendung zu ­bringen, rückt die Klimaneutralität in der gesamten Zementindustrie in greifbare Nähe.

Abbruchbeton dient aber auch als CO2-Senke. Denn dieses menschengemachte Gestein reagiert konti­nuierlich mit der Umgebungsluft, dabei bindet der Kalk wieder einen Teil des Kohlendioxids, das bei der Klinkerherstellung freigesetzt wurde. Dieser Prozess beginnt schon in der Nutzungsphase eines Gebäudes. Generell nimmt man an, dass rund 20 bis 25 Prozent der prozessbedingten Emissionen durch den als ­Rekarbonatisierung bezeichneten Prozess über die Lebensdauer eines Gebäudes hinweg wieder auf­genommen werden können.

Liegt der Beton nach einem Abbruch in zerkleinerter Form vor, läuft dieser Prozess aber deutlich schneller ab, weil im Verhältnis zum Volumen eine viel größere Oberfläche mit der Luft in Kontakt steht. Eine Entwicklung von HeidelbergCement soll die natürliche CO2-Aufnahme deutlich beschleunigen, mittels derer der Betonabbruch mit Kohlendioxid aus der Zementproduktion rekarbonisiert wird. Das Verfahren wird langfristig einen wichtigen Beitrag zu geschlossenen Rohstoffkreisläufen in der Bauindustrie leisten.

Ziele setzen – und dann handeln

Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, bleibt wenig Zeit, da sich CO2 über lange Zeiträume in der Atmosphäre anreichert. Es ist daher unzweifelhaft richtig, dass sich die Zementindustrie ehrgeizige Langfristziele setzt. Idealerweise basieren diese Ziele sowie deren fortlaufende Überprüfung auf wissenschaftlichen Methoden. Mindestens ebenso wichtig ist es in einem globalen Unternehmen, dass diese Ziele von allen Führungskräften verfolgt werden. Deshalb hat HeidelbergCement das Erreichen der Klimaziele an die variable Vergütung seiner Mitarbeiter gekoppelt – als eines der ersten Unter­nehmen weltweit.

Parallel dazu stellt HeidelbergCement erhebliche ­Finanzmittel bereit, um bereits in den 2020er-Jahren deutliche Fortschritte zu erreichen. So investieren wir bis 2030 rund 500 Millionen Euro in Klimaschutztechnologien und betreten dabei vielfach technisches Neuland. Gelingt es, diese neuen Technologien in den 2030er-Jahren zu skalieren und auch außerhalb Europas zur Anwendung zu bringen, rückt die Klimaneutralität in greifbare Nähe – nicht nur in unserem Unternehmen, sondern in der gesamten Zementindustrie. Damit bereiten wir den Weg für vollständig nachhaltiges Bauen, ob es um urbane Infrastrukturen, Verkehrswege oder Wohngebäude für immer mehr Menschen geht.

Die energiebedingten Emissionen zum Betrieb der Öfen lassen sich durch Effizienzsteigerung und den Einsatz alternativer Brennstoffe deutlich verringern.

Gleichzeitig muss die Politik spätestens in der kommenden Legislaturperiode den passenden politischen Rahmen schaffen, um aus Klimaschutz ein Geschäftsmodell entwickeln zu können. Die Investitionszyklen in der Industrie zur Entwicklung und Skalierung der notwendigen Schlüsseltechnologien sind lang. Eines unserer wegweisenden Projekte zur CO2-Abscheidung in industriellem Maßstab im Zementwerk Brevik, ­Norwegen, wird seit rund einem Jahrzehnt vorbereitet. Im Jahr 2024 wird die Anlage in Betrieb gehen. Projekte dieser Größenordnung und Relevanz für den Klimaschutz können nur durch politische Unterstützung und entsprechende Richtungsentscheidungen umgesetzt werden. Für die Zementindustrie muss die kommende Bundesregierung daher schnell Maßnahmen ergreifen. Wenn Industrie und Politik Hand in Hand arbeiten, dann wird Klimaneutralität gelingen.

Agenda

  • Investitionen in den Bau und Betrieb CO2-armer­ Schlüsseltechnologien müssen gefördert werden, etwa durch Forschungsförderung und Klimaschutzverträge, um die neuen Technologien erfolgreich auf die industrielle Marktreife skalieren zu können.
  • Es müssen Transportinfrastrukturen für Wasserstoff und CO2 geschaffen werden, um CO2 aus industriellen Quellen mit CO2-Nutzern oder CO2-Speicherstätten zu verbinden.
  • Durch Anreizsysteme und nachhaltige öffentliche Beschaffung müssen Carbon-Leakage-Effekte verhindert werden. Gleichzeitig muss die Nachfrage nach grüneren, anfangs aber teureren Produkten gewährleistet sein.
  • Produkt- und Baunormen müssen modernisiert werden, um neue Baustoffe schneller einsetzbar zu machen.
  • Erneuerbare Energien müssen ausreichend und ­bezahlbar zur Verfügung gestellt werden.

Dr. Dominik von Achten, geb. 1965, studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. Als Partner und Geschäftsführer der Boston Consulting Group wurde er 2007 in den Vorstand der HeidelbergCement AG berufen und verantwortete zunächst Großbritannien sowie die Integration von Hanson. 2009 übernahm er die Verantwortung für das Konzerngebiet Nordamerika, von 2016 bis 2020 für das Konzerngebiet West- und Südeuropa. Seit dem 1. Februar 2020 ist Dr. von Achten Vorstandsvorsitzender der HeidelbergCement AG. Der geborene Münchener ist verheiratet und hat vier Kinder.