Mehr Solarenergie für Deutschland und Europa

Die neuen deutschen und europäischen Klimaziele erfordern eine schnellere Reduktion der Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern. Die Erzeugung von erneuerbarem Strom und die Verdrängung fossiler Energieträger stellen die Grundvoraussetzung dafür dar, dass Bereiche wie Mobilität, Industrie und Gebäude, in denen Strom oder strombasierte Energieträger stark genutzt werden, ihre CO2-Emissionen verringern können.

Es besteht wenig Zweifel daran, dass die Solarenergie – neben der Windenergie – eine der tragenden Säulen zukünftiger, nachhaltiger Energiesysteme sein wird. Allerdings muss sich die Ausbaugeschwindigkeit europaweit deutlich erhöhen, um die mittel- und langfristigen Klimaziele zu erreichen. Instrumente und Maßnahmen können dabei aber nicht nur auf Ausbauziele fokussieren, sondern müssen auch die Voraussetzungen für eine flexibilisiertere Stromnachfrage schaffen. Entsprechend gilt es, geeignete Technologieentwicklung und Marktetablierung zu unterstützen, um schließlich ein selbsttragendes System zu schaffen.

Wie viel Solarenergie brauchen wir?

In allen Studien zur klimaneutralen Energieversorgung Deutschlands auf Basis erneuerbarer Energien spielt Photovoltaik (PV) eine entscheidende Rolle für die zukünftige Stromversorgung. Erneuerbarer Strom gewinnt aber auch zunehmend an Bedeutung für die Herstellung sekundärer Energieträger wie Wasserstoff, stofflicher Energieträger oder von Chemikalien.

Die notwendige installierte PV-Leistung, die diese Studien für das Jahr 2045 – oder 2050 bei Studien vor der Novelle des Klimaschutzgesetzes – ausweisen, reicht von rund 250 GW bis hin zu mehr als 500 GW. Die großen Schwankungen sind primär auf unterschiedliche zukünftige Entwicklungen des End- beziehungsweise Nutzenergiebedarfs, der Verteilung auf Wind- und Solarenergie und technischer Potenziale für die Installation von Photovoltaik zurückzuführen. Eine wichtige Rolle spielen auch unterschiedliche Annahmen über den Grad der europäischen Integration der Stromversorgung und somit den Ausbau europaweiter Übertragungsnetze sowie die Verfügbarkeit und Importpreise erneuerbar hergestellter stofflicher Energieträger.

Die Entwicklung des europäischen Energiesystems prägen weitere Unsicherheiten, zum Beispiel über den Anteil von Atomkraftwerken in der zukünftigen Stromversorgung. Zugleich liegen hier weniger Studien vor, die auf das Gesamtsystem mit allen Verbrauchssektoren schauen, und somit auch weniger Projektionen der installierten Leistung von Photovoltaikanlagen. Der Korridor der veröffentlichten Werte liegt bei über 1.000 GW bis über 2.500 GW installierte Photovoltaikleistung für das Jahr 2050 – unter der Annahme, dass Europa bis dahin Klimaneutralität erreicht.

Was sind die technischen Möglichkeiten und Herausforderungen?

1. Flächenverfügbarkeit

Eine Photovoltaikanlage marktverfügbarer Technologie mit Modul-Wirkungsgraden um die 20 Prozent braucht pro kW installierter Leistung rund 4 bis 6 m² Modulfläche. Steht sie auf horizontalen Freiflächen oder Flachdächern, muss die rund doppelte Aufstellfläche veranschlagt werden, um gegenseitige Verschattung zu vermeiden. Somit stellt sich die Frage, ob ausreichend Flächen verfügbar sind, um die benötigten Leistungen bereitstellen zu können. In Deutschland waren im Jahr 2020 rund 54 GW netzgekoppelte Photovoltaikanlagen installiert. Davon entfielen 48 Prozent auf Anlagen bis 100 kW und der Rest auf Anlagen größer als 100 kW. Mehr als ein Drittel der Leistung kommt von Anlagen oberhalb 500 kW, wovon die meisten Freiflächenanlagen sind.

Aufgrund des hohen weiteren Ausbaubedarfs bietet sich zunehmend eine Mehrfachnutzung von Flächen an. Unter dem Stichwort »integrierte Photovoltaik« wurden in den vergangenen Jahren viele Konzepte und neue Lösungen entwickelt. Sie reichen bis hin zur flexiblen farblichen Gestaltung von PV-Modulen, damit Architekten mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die ­Gebäudeintegration haben. Eine umfassende Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE weist ein technisches Potenzial von 3.160 GW installierter Leistung für integrierte Photovoltaik aus – davon allein rund 1.700 GW für die Kombination mit landwirtschaftlicher Nutzung und 1.000 GW für die Nutzung in Gebäuden – und somit ein Vielfaches der für Klimaneu­tralität benötigten Mengen.

2. Systemintegration

Künftig müssen große Mengen volatiler erneuerbarer Energien in das Energie- und Stromsystem integriert werden. Da der Ertrag von Photovoltaikanlagen vom solaren Strahlungsgang abhängt, gibt es einen Peak zur Mittagszeit – zumindest dann, wenn die Anlage gen Süden ausgerichtet ist. Zur Glättung der Erzeugung innerhalb des Tagesgangs bietet sich deshalb an, PV-Anlagen auch mit Ost- und Westorientierung zu installieren. Das mindert zwar etwas den Ertrag gegenüber perfekter Südausrichtung, führt jedoch zu einer Abflachung des Einspeiseprofils.

Weitere Maßnahmen zur Systemintegration im Zeithorizont von Stunden und Tagen liegen im Bereich des Lastmanagements. Optionen dafür ergeben sich beispielsweise beim Laden von Elektrofahrzeugen oder bei gewerblichen Anlagen zur Kälteerzeugung. Auch Kurzzeitspeicher sind hilfreich: Zunehmend werden Batteriespeicher auf unterschiedlichen Netzebenen und an unterschiedlichen Orten – in der Nähe von erneuerbaren Kraftwerken und von Verbrauchern oder als eigenständige Anlagen im Netz – zum zeitlichen Ausgleich innerhalb des Tagesgangs oder auch zwischen Werktagen und Wochenenden genutzt.

Im Sinne einer saisonal ausgeglicheneren Stromerzeugung bietet sich ein Mix aus Solar- und Windenergie an: Idealerweise kommt die Leistung dabei zu rund 40 Prozent von Windkraftanlagen (offshore und onshore) und zu 60 Prozent von PV-Anlagen mit unterschiedlicher Ausrichtung. Größere Abweichungen von diesem Verhältnis erhöhen den Speicherbedarf und damit die Kosten. Um die Versorgungssicherheit herzustellen, bedarf es in jedem Fall eines Parks an flexiblen Kraftwerken, die langfristig mit Wasserstoff oder sonstigen erneuerbaren Energieträgern betrieben werden.

Was ist mit den Kosten?

Es gibt wenige Technologien im Energiebereich, die eine ähnlich drastische Kostenreduktion durchlaufen haben wie die Photovoltaik in den vergangenen 30 Jahren. Lagen im Jahr 1990 die Preise für Solarmodule pro Watt Nennleistung (auch Peakleistung genannt: Einheit Wp) bei rund 10 € / Wp, so lagen sie jüngst bei weniger als drei Prozent davon, also weniger als 0,3 € / Wp. Eine Analyse der weltweiten Entwicklungen zeigt, dass über die vergangenen 40 Jahre jede Marktverdoppelung im Mittel zu einem Rückgang der Modulpreise um 26 Prozent geführt hat. Zu welchen Stromgestehungskosten dies führt, hängt wesentlich vom Standort und von der dort vorherrschenden jährlichen Strahlungssumme sowie von weiteren Randbedingungen ab. In Deutschland lagen die bislang niedrigsten Stromlieferpreise im Rahmen von Auktionen bei 3,5 Eurocent pro kWh. In sonnenreichen Regionen wurden bereits sogenannte Power Purchase Agreements abgeschlossen mit garantierten Lieferpreisen von weniger als 1 US-Cent pro kWh.

Agenda für 2022

  • Ausschreibungsmengen für Photovoltaik auf 2030-Ziel anpassen und Flächennutzung von integrierter PV (zum Beispiel Agri-PV und Floating-PV) stärker in den Blick nehmen
  • Mieterstromförderung zu einem vereinfachten System für Mehrfamilienhäuser umbauen (Eigenstrom­nutzung inklusive Laden von Elektrofahrzeugen)
  • Neue PV-Anlagen im Dachanlagensegment stärken und vereinfachen, neuen PV-Boom auslösen
  • Kopplung von PV-Anlagen mit Wärmeversorgung und Mobilität bei Handwerkern und Investoren unterstützen
  • EU-RED-II-Richtlinie umsetzen: Befreiung von Umlagen und Abgaben bei eigengenutztem PV-Strom bis 30 kW

Wie können wir Ausbau und Systemintegration realisieren?

Das neue deutsche Klimaschutzgesetz verpflichtet den Gesetzgeber zu einer Minderung der Treibhausgasemissionen im Energiesektor um fast 80 Prozent bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990. Angesichts dieses Ziels ist klar, dass nicht nur der Ausbau von Windenergie und Photovoltaik erheblich gesteigert werden muss. Gleichzeitig muss die Fähigkeit des Energiesystems, diese Mengen schwankender Einspeisung effizient zu nutzen, deutlich wachsen. Fossile Energieträger müssen gezielt verdrängt und die Akzeptanz des Ausbaus erneuerbarer Energien muss gesichert und gestärkt werden. Dabei akzeptiert die Bevölkerung Photovoltaik deutlich besser als On­shore-Windenergie. Es wird während der Übergangsphase Politiken auf unterschiedlichen Ebenen brauchen, um das Energiesystem mit der aus Klimaschutzperspektive notwendigen Geschwindigkeit umzubauen. In Anbetracht der erheblichen Investitionen, die zur Erreichung der Klimaneutralität unumgänglich sein werden, sollten diese Politiken nicht nur schnell wirken, sondern auch ökonomisch effizient sein.

3. Photovoltaik und CO2-Bepreisung

Die Wettbewerbsposition erneuerbarer Energien, also auch der Solarenergie, kann grundsätzlich über zwei Wege gestärkt werden: durch ihre direkte Förderung oder die Verteuerung der fossilen Alternativen. Aus diesem Grund darf die Bedeutung der CO2-Bepreisung für den Umstieg auf erneuerbare Energien nicht vernachlässigt werden.

Durch den starken Anstieg der Preise im EU-Emissionshandel und das Energie- und Klimaprogramm der Europäischen Union »Fit for 55« etabliert sich die CO2-Bepreisung immer stärker als Leitinstrument der europäischen Klimapolitik. Dass der Anteil von Kohle an der Stromerzeugung in der EU zwischen den Jahren 2015 und 2020 um die Hälfte sank, ist nicht zuletzt auf die Entwicklungen im EU-Emissionshandel zurückzuführen. Da im »Fit for 55«-Paket eine schnellere Reduktion der ausgegebenen Emissionszertifikate geplant ist, kann zudem erwartet werden, dass der Preis für Emissionszertifikate perspektivisch weiter steigt. Der relative Vorteil erneuerbarer Energien gegenüber fossilen Energieträgern sollte sich zudem durch die Revision der EU-Energiesteuerrichtlinie weiter verbessern, da diese auf eine stärkere Belastung fossiler Energieträger abzielt.

Insbesondere für Großanlagen stellt sich die Frage, ob und wie lange es angesichts steigender europäischer CO2-Preise und sinkender Kosten für Solartechnologien noch eine gesonderte Förderung erneuerbarer Energietechnologien braucht. Einerseits erhöhen steigende CO2-Preise die Einnahmen aus Solarstrom, soweit Kohle oder Erdgas die preissetzende Erzeugungstechnologie darstellen. Andererseits werden Wind- und Solarenergie bei einem zunehmenden Anteil erneuerbarer Energien vermehrt preissetzend sein. Die damit verbundene Senkung der Strompreise erschwert die Refinanzierung der Anlagen. Eine Flexibilisierung der Stromnachfrage kann diesen Effekt abschwächen. Dennoch ist nicht klar, inwieweit langfristig eine Refinanzierung über Energy-only-Märkte oder Power Purchase Agreements möglich sein wird. Eventuell sind aufgrund von Strompreisentwicklung und Kostenstruktur der erneuerbaren Energien auch längerfristig Förderungen notwendig – potenziell auch über ein neues Strommarktdesign.

4. Europäische Kooperation im Bereich erneuer­barer Energien

In jedem Fall ist zu hinterfragen, ob ein primär auf nationalen Politiken und Förderregimen basierender Ausbau erneuerbarer Energien in Europa langfristig sinnvoll ist. Um die Erzeugung von Wind- und Solarenergie zu verstetigen, sollte die EU stärker in deren Ausbau und Förderung einbezogen werden. Möglich wäre beispielsweise, ein (ergänzendes) EU-weites Fördersystem aufzubauen oder EU-weite Vorgaben zu entwickeln, damit der grenzübergreifende Ausbau in nationale Fördersysteme einfließt. Optionen dafür werden im Klima- und Energieprogramm der EU »Fit for 55« diskutiert.

Im heutigen System haben die EU-Mitgliedstaaten allerdings wenig Anreize, ein grenzüberschreitendes Fördersystem zu unterstützen. Während grenzüberschreitende Investitionen relativ einfach auf nationale Ausbauziele im Förderland anzurechnen wären, ist die Anrechnung von Emissionsreduktionen potenziell komplexer. Denn nicht am Ort der Förderung würden weniger CO2-Emissionen entstehen, sondern am Ort des Ausbaus. Im Status quo würden diese Emissionsreduktionen nicht zur Erreichung nationaler Ziele beitragen. Zudem stellt sich bei überproportionalem Ausbau in einigen Regionen die Frage der Akzeptanz erneuerbarer Energieanlagen, insbesondere von On­shore-Windenergie. Auch ist die für den Ausbau ­benötigte Infrastruktur zu finanzieren – dafür müssen Lösungen gefunden werden.

Grundsätzlich sollte die Sinnhaftigkeit nationaler Zielsetzungen im Bereich der Stromerzeugung und des Ausbaus erneuerbarer Energien neu diskutiert werden. Voraussetzung für einen solchen EU-weit integrierten Ausbau wäre, die Fördersysteme stärker aufeinander abzustimmen und das grenzüberschreitende Übertragungsnetz entsprechend auszubauen.

Die Umsetzung eines gemeinsamen Systems stünde zudem vor einer weiteren Herausforderung: Laut EU-Verfassung können die EU-Mitgliedstaaten unabhängig ihren Energiemix und die Struktur ihrer Energieversorgung gestalten. Entsprechend müssten Änderungen der Rahmensetzungen, die diese Unabhängigkeit beschneiden, einstimmig getroffen werden.

Agenda für 2025

  • Investitionsunterstützungsprogramm für europäische PV-Fertigung, etwa durch Europäische Investitionsbank (EIB) oder »Important Project
    of Common European Interest« (IPCEI)
  • Netzdienlichkeit und Kommunikation der Anlagen fördern und netzdienliche Vergütungsregeln etablieren
  • Investitionssicherheit für PV-Speicherlösungen auf allen Netzebenen sicherstellen
  • PV-Nachhaltigkeitsstandards auf europäischer Ebene etablieren
  • Kommunale Solarrahmenplanung als Standard verankern
  • Bundeswettbewerb »Unser Ort soll klimaneutraler werden« etablieren mit prominenter jährlicher Siegerehrung

5. Ausbau und Systemintegration auf nationaler Ebene

Auch bei Stärkung der europäischen Koordination des Ausbaus erneuerbarer Energien kann allerdings auf eine erhebliche Erweiterung der installierten Leistung in Deutschland nicht verzichtet werden. Im Gegensatz zur Windenergie, bei der zur Auktion ausgeschriebene Volumina regelmäßig nicht zugeschlagen werden, dürften weniger restriktive Ausschreibungen im Bereich der Photovoltaik direkt und substanziell den Ausbau der Solarenergie beschleunigen. Daneben werden zukünftig rein kommerziell auf Basis von Power Purchase Agreements installierte Anlagen eine wachsende Rolle spielen.

Auch bei verstärkten transeuropäischen Anstrengungen zur Glättung der Stromerzeugung werden Schwankungen erneuerbarer Energieerzeugung nicht zu vermeiden sein. Über einen Ausgleich saisonaler Schwankungen durch einen geeigneten Mix an Wind- und Solarenergie hinaus braucht es daher auch einen systematischen Aufbau der Potenziale für die Integration kurzfristig fluktuierender Einspeisung. Im Bereich der Stromnetze gibt es dabei eine Reihe von Möglichkeiten, um die Kapazität zur Aufnahme schwankender Einspeisung zu erhöhen.

Maßnahmen auf Angebots- und Nachfrageseite können dazu beitragen, die Energieerzeugung zeitlich gleichmäßiger zu verteilen und den Ausbaubedarf, die insgesamt benötigte Fläche sowie den Bedarf an Speichern zu reduzieren. Staatliche Rahmensetzung und temporäre Förderung stellen bei vielen Optionen eine wichtige Voraussetzung dar, um entsprechende Technologien rechtzeitig in den Markt zu bringen und Erfahrungen in ihrer Anwendung zu sammeln, obwohl Technologiekosten oder auch Strompreisdifferenzen noch keinen profitablen Einsatz zulassen.

Die Erzeuger bieten bereits heute einige Optionen: etwa die Abweichung von einer Südausrichtung der Solaranlagen oder trackende Systeme für Standorte mit hoher Direkteinstrahlung. Dadurch lässt sich zusätzliche Energie in Zeiten erzeugen, in denen PV-Anlagen bisher weniger Energie produzieren. Das vergrößert die Nutzungsfenster für Eigenstromverbrauch und kann sich aufgrund höherer Börsenpreise positiv auf die Ertragslage auswirken. Voraussetzung ist, dass entsprechende Preissignale bei den Eigentümern erneuerbarer Energieanlagen ankommen. Bei einer Förderung durch zeit- und marktpreisunabhängige Instrumente ist dies allerdings nicht der Fall.

Bei den energieverbrauchenden Unternehmen und Haushalten kann eine flexibilisierte Preisgestaltung zu einer Nachfrage führen, die besser zum Erzeugungsprofil passt. Voraussetzung für einen profitablen Betrieb sind allerdings wiederum Anreize durch entsprechende Strompreisdifferenzen.

Was ist für die Zukunft zu erwarten?

Trotz der großen Erfolge bei der Industrialisierung und Kostensenkung der Photovoltaik ist die Entwicklung bei Weitem nicht am Ende. So wird beispielsweise intensiv an Mehrfachsolarzellen geforscht, bei denen die Kopplung verschiedener Halbleitermaterialien eine bessere Ausbeute der einfallenden Solarstrahlung ermöglicht und somit Wirkungsgrade von 30 Prozent und darüber möglich werden. Dies bedeutet eine Flächenreduktion um 30 Prozent und mehr.

Global ist mit einem ungebremsten Wachstum der Photovoltaik zu rechnen. Seriöse Studien gehen von weltweit installierten Leistungswerten zwischen 20 TW und bis zu 60 TW bis zur Mitte dieses Jahrhunderts aus. Dies erfordert zugleich eine drastische Erhöhung der globalen Produktionskapazität von heute knapp 150 GW pro Jahr auf das Zehn- bis 20-Fache. Berücksichtigt man zugleich, dass die Transportkostenanteile aufgrund der niedrigen und weiter sinkenden Herstellkosten immer relevanter werden, ergeben sich auch neue Chancen für eine Produktion von Photovoltaik entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Europa und Deutschland. In jüngster Zeit gibt es einige vielversprechende Initiativen, auch die Zellfertigung, die vor rund zehn Jahren nahezu vollständig nach Asien abgewandert ist, wieder in Europa anzusiedeln.

Eine der großen Herausforderungen für die kommenden Jahre und Jahrzehnte wird es sein, eine möglichst vollständig geschlossene Kreislaufwirtschaft für die Photovoltaik aufzubauen, um die globalen Produktionsmengen nachhaltig sicherstellen zu können. Dies betrifft bei der heute marktbeherrschenden Siliziumtechnik vorrangig Glas und Silber, das für die Kontakte benötigt wird. Langfristig gilt das aber auch für weitere Materialien bis hin zum Silizium als Basismaterial der Zellen – dessen Aufbereitung benötigt bei Verwendung von Quarzsand als Ausgangsmaterial erhebliche Energiemengen.

Agenda für 2030

  • Umsetzung von PV auf allen Bundesbauten und ­öffentlichen Gebäuden (Bestandsbauten)
  • Breite Nutzung des PV-Stroms in Sektorkopplungstechnologien, unter anderem auch in Elektrolyseuren
  • Weiterhin Flächen in der Breite zur Verfügung stellen
  • Stärkere europäische Zusammenarbeit im Bereich Ausbau erneuerbarer Energien und Netze

Prof. Dr. Karen Pittel, geb. 1969, ist Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Direktorin des Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen am ifo Institut. Sie ist Co-Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Mitglied des Bayerischen Klimarats und des Lenkungskreises der Wissenschaftsplattform Klimaschutz.

Prof. Dr. Hans-Martin Henning, geb. 1959, ist Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg und Professor für Solare Energiesysteme an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er ist außerdem Mitglied des Präsidiums der Fraunhofer-Gesellschaft und Vorsitzender des Expertenrates für Klimafragen.