Motorsport: Klimaneutral bis 2030

Der Motorsport basiert auf klaren Regeln. Insofern war der Beitritt der auch für den Rennsport verantwortlichen Fédération International d’Automobile (FIA) zum Pariser Klimaschutzabkommen keine unverbindliche Absichtserklärung, sondern ein klares Statement. Die Unterschrift des Weltautomobilverbands unter das »Sports for Climate Action Framework« der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) markiert einen Wendepunkt in der Historie des Rennsports.

Bis 2030 soll der Motorsport klimaneutral sein. Dazu will die FIA mit ihren 243 Mitgliedsverbänden in 146 Ländern einen Beitrag leisten. Auch der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) gehört dem internationalen Dachverband an. »Die FIA stellt sich ihrer Verantwortung, Motorsport und Mobilität in eine CO2-reduzierte Zukunft zu führen, den Einfluss unserer Aktivitäten auf die Umwelt zu verringern und einen Beitrag für eine grünere Erde zu leisten«, bekräftigt FIA-Präsident Jean Todt. Felipe Calderón, ehemaliger Präsident von Mexiko und heute Leiter der FIA-Kommission für Umwelt und Nachhaltigkeit, ergänzt: »Die FIA hat durch ihre Mitgliedsverbände und Meisterschaften eine führende Rolle im Kampf für eine Verbesserung des globalen Klimas übernommen. Unsere Strategie nutzt die Fähigkeiten des Motorsports, innovative Technologien zu entwickeln, von denen Umwelt und Gesellschaft profitieren.«

Alternative Antriebstechnologien auf dem Vormarsch

Die vielleicht wichtigste Säule im Engagement der Motorsportler für den Klimaschutz ist die Technik. Schon die ersten Autorennen Ende des 19. Jahrhunderts sorgten für einen Technologietransfer aus dem Motorsport in den Bau von Serienfahrzeugen. Was damals eher ein Nebeneffekt war, ist heute bei vielen Automobilherstellern und Zulieferern Standard, denn die auf Rundstrecken oder Rallyepisten investierten Summen müssen auf das Tagesgeschäft einzahlen.

Die Bandbreite reicht von Hybrid­systemen bis hin zu rein elektrisch fahrenden Rennwagen.

Die Entwicklung in der Automobilindustrie hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass alternative – und damit umweltfreundliche – Antriebstechnologien auch im Motorsport eine immer größere Rolle spielen. Die Bandbreite reicht von Hybridsystemen, die beim Bremsen frei werdende Energie wieder in Antriebskraft umwandeln, bis hin zu rein elektrisch fahrenden Rennwagen.

Rennserien für rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge

An der Spitze letzterer Kategorie steht die Formel E, die eine von der FIA offiziell sanktionierte Weltmeisterschaft austrägt. In dieser seit 2014 bestehenden Serie, deren einsitzige Boliden an die Formel 1 erinnern und die in Deutschland Rennen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof durchführt, sind auch die deutschen Hersteller Audi, Mercedes-Benz und Porsche engagiert. Ebenfalls ausschließlich auf Batteriepower setzen die internationale Tourenwagen-Meisterschaft für Elektrofahrzeuge (Pure ETCR) und die Offroad-Rennserie Extreme-E, die mit der Wahl ihrer Veranstaltungsorte gezielt auf Umweltprobleme aufmerksam macht. Aktuell noch auf Deutschland beschränkt ist der Markenpokal ADAC Opel e-Rally Cup.

Andere Rennserien für rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge stehen bereits in den Startlöchern. Dazu zählt Rallycross, eine Art Rundstreckenrennen auf Pisten mit sowohl Asphalt- als auch Schotterpassagen. Hier fährt bereits 2021 die Rahmenserie RX2e voll elektrisch, bevor in der Rallycross-Weltmeisterschaft (World RX) 2022 dann auch in der World RX-Topklasse die sogenannten Supercars mit Elektroantrieb antreten. Die FIA hat außerdem eine Meisterschaft für elektrisch angetriebene Sportwagen angekündigt. Sogar die DTM, die frühere Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft, diskutiert den Umstieg auf Elektrorenner.

Doch nicht für jede Motorsportdisziplin sind die heutigen Elektroantriebe geeignet. Die Formel E mit ihren auf 45 Minuten begrenzten Rennen ist dafür ideal. Gleiches gilt für Rallycross mit seinen über maximal sechs Runden gehenden Läufen. Bei längeren Strecken setzen die Batteriepakete mit ihrer Größe und ihrem Gewicht (noch) Grenzen. Zwei Beispiele: Der 900-Volt-Akku der Formel E wiegt 385 Kilogramm. Das Elektro-Rallyeauto ŠKODA Kreisel RE-X1 bringt rund 100 Kilogramm mehr auf die Waage als ein vergleichbares Modell mit Benzinmotor – im Wettbewerb ein klarer Nachteil.

Agenda für 2022

Ab 2022 sind in der Topfahrzeugklasse Rally1 der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) Hybridantriebe gefordert. Bei der Cross-Country-Weltmeisterschaft macht ein neues technisches Reglement Fahrzeuge mit Hybridantrieb bei Wüstenrallyes zu Anwärtern auf den Gesamtsieg. In der Rallycross-Weltmeisterschaft (World RX) treten dann auch die Supercars mit Elektroantrieb an. Die Rallye-Weltmeisterschaft und der Porsche Mobil 1 Supercup haben zudem beschlossen, ab 2022 ein E-­Fuel / Biosprit-Kraftstoffgemisch zu verwenden.

Hybridtechnologien kombinieren Elektroaggregate mit Verbrennungsmotoren

In Motorsportdisziplinen, die für reinen Elektroantrieb mittelfristig ungeeignet sind, forciert die FIA schon lange Hybridtechnologie, also die Kombination von Elektroaggregaten mit konventionellen Verbrennungsmotoren. Diese Strategie entspricht dem globalen Trend bei Serienfahrzeugen. Laut einer Studie des Oliver Wyman Institute (»Future Automotive Industry Structure – FAST 2030«) werden Hybridfahrzeuge 2030 weltweit mit einem Anteil von 37 Prozent deutlich zahlreicher sein als Elektrofahrzeuge (25 Prozent).

Der Einsatz von Hybridsystemen im Motorsport ist eine wesentlich komplexere Aufgabe als bei Serienfahrzeugen.

Der Einsatz von Hybridsystemen im Motorsport ist eine wesentlich komplexere Aufgabe als bei Serienfahrzeugen. Rennfahrer müssen darauf vertrauen können, dass sich ihr Fahrzeug bei jedem Bremsvorgang, bei jeder Beschleunigung absolut identisch verhält. Die Rekuperation darf die Länge des Bremswegs nicht beeinflussen. Beim Beschleunigen sollte die zusätzliche Power einzelner oder mehrerer Elektromotoren nicht zu durchdrehenden Rädern führen. In einigen Rennserien sind aus Kostengründen die Komponenten des Elektroantriebs einheitlich vorgeschrieben. Die erforderlichen Regelsysteme sind der entscheidende Punkt, an dem sich Siegerteams von weniger erfolgreichen Konkurrenten absetzen. Dieser Bereich ist ein Musterbeispiel für den von der FIA »Track to Road« genannten Technologietransfer aus dem Motorsport in den Bau von Serienfahrzeugen.

Hocheffiziente Antriebe durch Nutzung frei werdender Energie

In der Formel 1 setzten Teams ab 2009 ein System zur Rückgewinnung von Bremsenergie (kinetic energy ­recovery system, KERS) ein. Das auf kinetische Energie beschränkte KERS wurde 2014 durch die wesentlich ­effizientere Rückgewinnung zusätzlich von thermischer Energie aus dem Abgasstrom erweitert. Dank energy ­recovery system (ERS) gehören die rund 735 kW (1.000 PS) starken 1,6-Liter-Turbomotoren der aktuellen Formel 1 zu den effizientesten Benzintriebwerken aller Zeiten.

Das 24-Stunden-Rennen in Le Mans gewann erstmals 2012 ein Rennwagen mit Hybridantrieb. Der Audi R18 e-tron speicherte beim Bremsen frei werdende Energie in Akkus sowie mechanisch in einem Schwungrad, um zusätzlich die Vorderachse elektrisch anzutreiben. In der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC), zu denen der Le-Mans-Klassiker als Saisonhöhepunkt zählt, ist die Mischung aus Verbrenner und Elektromotor in der Prototypen-Klasse seitdem die dominierende Technologie. Ab 2023 gilt in der WEC ein neues Reglement, das die mit der Hybridtechnologie verbundenen Kosten reduzieren soll. Wie intelligent dieses Konzept ist, zeigt das große Interesse der Hersteller: Allein in Deutschland haben bereits Audi, BMW und Porsche die Entwicklung entsprechender LMDh-Rennwagen gestartet.

Rallyes erfahren einen tiefgreifenden Wandel

In der Rallye-Weltmeisterschaft erleben wir aktuell einen der größten Paradigmenwechsel in der Geschichte des Sports. Die Rallyefahrzeuge fahren über Stock und Stein, bei Minustemperaturen und Eis und Schnee sowie in der Gluthitze Afrikas. Hybride werden Studien zufolge 2030 mehr als ein Drittel aller Antriebsformen im Automobilbereich ausmachen und sind als Brückentechnologie nach wie vor wichtig.

Zu welchen Leistungen Elektroantriebe im Motorsport inzwischen fähig sind, zeigen einzelne Leuchtturmprojekte.

Ab 2022 sind in der Topfahrzeugklasse WRC (World Rally Car) Hybridantriebe gefordert. Hier wird bewusst die Bedeutung des Ladens bei jeder Rallye kommuniziert. Die durch Laden und Energierückgewinnung erreichte zusätzliche Batteriepower steigert die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rallye-Boliden. Zusätzlich möchte die WRC die »Lademuffel« unter den Besitzern eines Plug-in-Hybriden dazu animieren, ihr Auto öfter zu laden und somit das Beste aus ihm herauszuholen. Außerdem bekommen die in der Rallye-WM engagierten Hersteller ein ideales Marketinginstrument an die Hand: Plug-in-Hybride werden durch den Einsatz im Rallyesport »sexy« und sportlich.

Der vom Reglement vorgeschriebene rund 280 kW (380 PS) starke 1,6-Liter-Turbobenziner wird mit einem für alle Teams einheitlichen 750-Volt-Elektromotor mit 100 kW (entsprechend 136 PS) Leistung kombiniert.

Einen technisch freizügigeren Weg geht die gerade formierte Cross-Country-Weltmeisterschaft mit dem Aushängeschild Rallye Dakar. Ein neues technisches Reglement macht Fahrzeuge mit Hybridantrieb bei Wüstenrallyes zu Anwärtern auf den Gesamtsieg. Schon im Januar 2022 will Audi mit einem entsprechend konstruierten Rennwagen bei der Rallye Dakar an der Spitze mitfahren.

Zu welchen Leistungen Elektroantriebe im Motorsport inzwischen fähig sind, zeigen einzelne Leuchtturmprojekte: Volkswagen gewann mit dem extra für diesen Zweck konstruierten Prototyp ID. R im Jahr 2018 das legendäre Bergrennen am Pikes Peak im US-Bundesstaat Colorado mit neuem Streckenrekord. Hintergründig ging es dem Wolfsburger Hersteller darum, Komponenten und Software für die inzwischen präsentierten Elektroserienmodelle der Konzernmarken unter Rennbedingungen zu testen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt aktuell ŠKODA. Die Marke hat zusammen mit dem österreichischen Batteriespezialisten Kreisel ein Allradrallyeauto entwickelt, das regulär im Wettbewerb gegen Konkurrenzmodelle mit Benzinmotor antritt.

Agenda für 2025

Ab 2025 schreibt der Weltmotorsportverband FIA allen Weltmeisterschaften (zum Beispiel Formel 1) eine konkrete Strategie zur Reduzierung des ökologischen Fußabtritts vor. Alle WM-Läufe müssen klimaneutral durchgeführt werden und alle Beteiligten nach dem FIA-internen Klassifizierungssystem eine Drei-Sterne-Beurteilung im Umweltmanagement erreichen. Spätestens dann muss auch der erste Schritt auf dem Weg zu Kraftstoffen aus regenerativen Quellen erfolgen.

FIA fördert Einsatz von klimaneutralen Kraftstoffen

Zwar gewinnen Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb in vielen Ländern an Bedeutung. Nach Zahlen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) stieg der Bestand an Elektrofahrzeugen 2020 weltweit auf rund 10,9 Millionen. Dem gegenüber steht allerdings rund um den Globus die etwa 100-fache Anzahl von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Global betrachtet werden deshalb auch im Motorsport Rennwagen mit konventionellem Triebwerk auf absehbare Zeit eine große Rolle spielen.

Dessen ist sich auch die FIA bewusst. Überall dort, wo Verbrennungsmotoren im Motorsport noch nicht vollständig zu ersetzen sind – ob allein stehend oder in Hybridausführung –, fördert der Weltverband die Verwendung von klimaneutralen Kraftstoffsorten. Diese binden bei ihrer Erzeugung genauso viel Kohlen­dioxid (CO2) aus der Umwelt, wie sie bei der Verbrennung ­wieder freisetzen.

Zwei Alternativen: Biosprit und E-Fuel

Die Herstellung von klimaneutralen Kraftstoffen ist grundsätzlich nach zwei unterschiedlichen Methoden möglich. Die eine verarbeitet biologische Ausgangsstoffe zu Benzin, Diesel, als Kraftstoff tauglichen Alkoholen oder Gas, im Volksmund Biosprit genannt. Die andere wendet das Power-to-X-Verfahren (auch Power-to-­Liquid-Verfahren) an, um mithilfe elektrischer Energie zu 100 Prozent synthetische Kraftstoffe herzustellen. Sie werden, abgeleitet vom englischen Begriff electric fuel, meist E-Fuel genannt.

Plug-in-Hybride werden durch den Einsatz im Rallyesport »sexy« und sportlich.

Biosprit steht schon jetzt in größeren Mengen zur Verfügung, die Erzeugung verursacht allerdings in einigen Ländern Probleme. Die Verwendung von eigens zu diesem Zweck angebauten Pflanzen konkurriert mit der Lebensmittelerzeugung. Wird im Rennsport Biosprit eingesetzt, legen die Organisatoren Wert darauf, dass bei der Produktion ausschließlich Abfälle, etwa aus der Landwirtschaft, eingesetzt werden. Beispielsweise der Porsche Mobil 1 Supercup (Benzin), ein international im Rahmen der Formel 1 ausgetragener Markenpokal, und die Truck-Europameisterschaft (Diesel) fahren in der Saison 2021 mit Biosprit aus ökologisch unbedenklichen Quellen. Auch beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring sind seit vielen Jahren Rennwagen am Start, die aus biologischen Grundstoffen hergestellten Kraftstoff im Tank haben.

Auch bei E-Fuel stammen die beiden Hauptbestandteile Kohlenstoff und Wasserstoff nicht aus fossilen Quellen. Bei der Produktion wird Kohlenstoff der Luft – oder direkt industriellen und landwirtschaftlichen Abgasen – in Form von Kohlendioxid entnommen. Wasserstoff entsteht durch die elektrolytische Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2). Im weiteren Verlauf der Herstellung werden die Rohmaterialien verfahrenstechnisch zunächst zu Methanol (CH4O) und im nächsten Schritt zu jedem beliebigen Treibstoff zusammengefügt, darunter Benzin, bis Qualitäten erreicht sind, wie sie der Rennsport fordert.

Strom für Elektrolyse aus regenerativen Energiequellen

Damit E-Fuel gegenüber aus fossilen Quellen hergestelltem Benzin die von Porsche erwartete CO2-Einsparung von bis zu 85 Prozent erreicht, muss der für die Elektrolyse benötigte Strom aus regenerativen Quellen stammen. Dazu zählen Windräder, Wasserkraftwerke und Solaranlagen. Porsche hat zusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und Siemens im Süden von Chile das Projekt Haru Oni gestartet. In Patagonien ermöglichen Stürme aus der Antarktis eine zuverlässige und nahezu unbegrenzte Stromgewinnung aus Wind und damit die Erzeugung von grünem Wasserstoff. In Skandinavien laufen ähnliche Forschungen mit Strom aus Wasserkraft. Zukünftig ist die solarenergiegetriebene E-Fuel-Produktion in Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung denkbar, vielleicht sogar in Wüsten.

Bis gigantische Strommengen preisgünstig aus regenerativen Quellen erzeugt werden können, wird E-Fuel nur in geringen Mengen zur Verfügung stehen. Erst ab 2026 erwartet Porsche in der chilenischen Fabrik eine Jahresproduktion von 550 Millionen Litern. Zum Vergleich: 2019 tankten allein die Pkw in Deutschland rund 85-mal so viel.

Solange nur wenig E-Fuel produziert wird, ist es vorerst am praktikabelsten, ihn im Motorsport mit Kraftstoffen aus biologischen Quellen zu mischen. Die Rallye-Weltmeisterschaft und der Porsche Mobil 1 Supercup haben beschlossen, ab 2022 diese E-Fuel / Biosprit-Zwischenstufe zu verwenden. Die Formel 1 plant denselben Schritt für 2025, wenn ohnehin ein neues Motorenreglement eingeführt wird.

Die gesamte Branche will mehr regenerative Energieträger in der Infrastruktur der Veranstaltungen einsetzen.

Parallel dazu will die gesamte Branche mehr regenerative Energieträger in der Infrastruktur der Veranstaltungen einsetzen. Die Offroad-Rennserie Extreme E erzeugt den an abgelegenen Veranstaltungsorten, unter anderem in der Wüste von Saudi-Arabien, benötigten Strom mit Brennstoffzellen. Formel E und Tourenwagenrennserie Pure ETCR betreiben ihre Ladestromgeneratoren ebenfalls umweltfreundlich mit Glycerin, chemisch betrachtet ein Alkohol. Die Serviceplätze und Ladestationen der Rallye-Weltmeisterschaft sollen künftig mit Stromerzeugern versorgt werden, die mit Kraftstoffen aus regenerativen Quellen betankt werden. Mittelfristig wollen diese Rennserien in der Energieversorgung auf Brennstoffzellentechnologie umsteigen.

Eine noch geringe Rolle dagegen spielt Wasserstoff als Treibstoff im Motorsport. Vorreiter ist das 24-Stunden-Rennen in Le Mans, bei dem ab 2024 Hydrogenfahrzeuge um den Sieg fahren sollen. Die HYRAZE League ist gleich eine ganze Rennserie ausschließlich für mit Wasserstoff angetriebene Autos – die Premiere ist für 2023 geplant.

Drei-Sterne-Bewertung für Nachhaltigkeit

Mit dieser Vielzahl von Initiativen ist der Motorsport nach Einschätzung des Weltverbandes FIA für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt. »Indem wir unseren Einfluss auf die Umwelt reduzieren und eine Vorreiterrolle bei nachhaltigen Innovationen einnehmen, sind wir zuversichtlich, dass wir den Übergang zu einer nachhaltigen Zukunft für alle beschleunigen«, sagt FIA-Umweltexperte Calderón.

Welch hohen Wert der Weltverband auf Nachhaltigkeit legt, zeigt auch das interne Bewertungssystem. Ganze Rennserien, einzelne Veranstaltungen, beteiligte Teams, Vermarktungsunternehmen und Hersteller können sich klassifizieren lassen und maximal eine Drei-Sterne-Bewertung für Nachhaltigkeit erhalten. Ab 2025 ist diese Bestnote für alle von der FIA sanktionierten Weltmeisterschaften vorgeschrieben, ab 2030 dann für alle weltweit rund 300 FIA-Championate im Automobilsport, auch jene auf regionaler oder nationaler Ebene.

In Zusammenarbeit mit den weltweiten Mitgliedern und den von der FIA ausgerichteten Meisterschaften soll der CO2-Ausstoß in Übereinstimmung mit dem Pariser Abkommen reduziert werden. Die Menge CO₂, die nicht vermieden werden kann, soll der Atmosphäre entnommen werden. Spätestens 2030 will die FIA klimaneutral sein. Diese Regel gilt dann auch in Deutschland für alle von ihr sanktionierten Meisterschaften.

Agenda für 2030

Ab 2030 müssen alle vom Weltmotorsportverband FIA sanktionierten Veranstaltungen – also auch Rennen im Rahmen von deutschen Meisterschaften – klimaneutral durchgeführt werden sowie nach der FIA-eigenen Beurteilung eine Drei-Sterne-Bewertung im Umweltmanagement erreichen. Bei allen Weltmeisterschaften müssen darüber hinaus Rennfahrzeuge und Infrastruktur (zum Beispiel Stromgeneratoren) mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden.

Peter Thul, geb. 1963, hat den Automobilsport als Journalist begleitet und war als Rallye-Beifahrer aktiv. Anschließend bekleidete er verschiedene Führungspositionen in der Automobilindustrie. Bei Audi arbeitete er von 2004 bis 2008 als Leiter Produktkommunikation, bevor er in gleicher Funktion zu Volkswagen wechselte. Dort wurde Thul 2015 in den Kreis der Topmanager berufen und zum Leiter Kommunikation Marke Volkswagen ernannt. Nach einer zwischenzeitlichen Selbstständigkeit (2017) wechselte er 2020 zum Promoter der FIA-Rallye-Weltmeisterschaft, wo er derzeit als Senior-Direktor Sport arbeitet.