Was sich in der staatlichen Verwaltung ändern muss

»[ …] besinnt euch [ …] darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.« Dieses gemeinhin als Willy Brandts politisches Testament verstandene Zitat umreißt mit wenigen Wörtern, was die ökologische und digitale Transformation der Wirtschaft für den Staat bedeutet und wie staatliches Handeln über den Erfolg der Transformation entscheidet. Beide Sphären stehen inmitten umwälzender Veränderungen und brauchen darin einander. Wo ihr Handeln ineinandergreift, erwächst Gutes, wo es gegeneinanderläuft, sind Stagnation und Scheitern die Folge. Wenn wir von der Transformation der Wirtschaft und der staatlichen Verwaltung sprechen, betrachten wir also zwei Seiten derselben Medaille.

Das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 nach dem novellierten Klimaschutzgesetz und die Digitalisierung sind die wichtigsten Treiber der Veränderungen unserer Zeit. In ihrer Kombination liegt zugleich der Schlüssel für den Erfolg: keine sektorkoppelnde Energiewende ohne digitale Unterstützung, keine nachhaltige Mobilität ohne digitale Werkzeuge, keine Kreislaufwirtschaft ohne Blockchain. Doch diese Zuordnung zeigt schon, dass am Anfang stets das politische Zielbild steht, nicht die Technologie. Nichts existiert um seiner selbst willen: Die Treibhausgasneutralität ist Voraussetzung für weiterhin gutes Leben auf dem Planeten, die Technologie ein Instrument, dieses Ziel zu erreichen.

Die Rolle des Staates

Was hat der Staat damit zu tun? Seine Mission, sein Handeln, seine Rahmensetzungen, seine Geschwindigkeit, seine Reputation, seine Innovationskraft, seine Vorausschau und sein Selbstverständnis prägen die Handlungsfähigkeit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure beim Generalumbau aller Sektoren unseres Lebens – im besten Fall auch auf europäischer Ebene, denn nur durch die großen geopolitischen Räume werden künftig Standards gesetzt, die auch in einer global vernetzten Ökonomie wirksam sind.

Egal, in welchen Sektor man schaut: Überall springt eine ­Diskrepanz zwischen zeitlichen Erfordernissen, bisherigen Selbstverständnissen und eingesetzten Instrumenten ins Auge.

Dazu zwei Beispiele: Bis 2030 erfordert die Energiewende mindestens 7.800 Kilometer neue Stromleitungen. Davon sind 70 Prozent noch nicht genehmigt. Bei Glasfaseranschlüssen liegt Deutschland weit hinter Südkorea, Japan oder auch Schweden. Der Ausbau der infrastrukturellen Lebensadern der digital-ökologischen Transformation bleibt dramatisch hinter den beschleunigten Zielen zurück. Der Daseinsauftrag des Staates droht zu scheitern. Eine flächen- und bedarfsdeckende infrastrukturelle Versorgung mit Strom- und Glasfasernetzen ist aber Voraussetzung für das Gelingen der Jahrhundertaufgabe Transformation.

Egal, in welchen Sektor man schaut: Überall springt eine Diskrepanz zwischen zeitlichen Erfordernissen, bisherigem Selbstverständnis und eingesetzten Instrumenten ins Auge. Das postfordistische und fossile System muss sich zu einem System innerhalb der planetaren Grenzen wandeln. Der Staat muss diesen Wandel auf allen Feldern unterstützen. Er tut dies mit Methoden, deren Grundlagen in der preußischen Verwaltung gelegt wurden. Hier passt vieles nicht mehr zusammen, was lange zusammengehörte.

Lehrmeister COVID-19

Die COVID-19-Pandemie hat ein Fenster zum transformationsorientierten staatlichen Handeln der Zukunft geöffnet. Diese aktuelle globale Krise machte unter anderem deutlich:

  1. Zoonosen als Auslöser der Pandemie haben ihren Ursprung im Überschreiten planetarer Grenzen. Sie treten immer wieder auf, wenn menschliches Handeln nicht innerhalb dieser Grenzen bleibt.
  2. Globale Krisen lassen sich nur global lösen. Das Entstehen immer neuer und die Krise perpetuierender Mutationen erfordert das schnelle Impfen aller.
  3. Resilienz nicht nur der Gesundheitssysteme wird zur Zukunftsaufgabe staatlichen Handelns.
  4. Staatliches Handeln war dort erfolgreich, wo komplexe Probleme in permanenten Rückkopplungsschleifen angegangen wurden; Agilität als Methode sicherte breiten gesellschaftlichen Rückhalt.
  5. Digitale Technologien sind ein problemlösendes Instrument.
  6. Silo- und ebenenübergreifendes staatliches Handeln erweist sich als wirkungsvoll.
  7. Kommunikation fortwährend und auf allen Ebenen ist der Schlüssel, um Verhetzungsversuchen gegen staatliches Handeln etwa durch Rechtspopulisten widerstehen zu können.
  8. Intergenerationelle Solidarität, gesellschaftlicher Zusammenhalt und Orientierung am Gemeinwohl sind alte Werte von aktueller Bedeutung.
  9. Krisen sind Beschleuniger von Erkenntnissen und Innovationen.
  10. Demokratische Gesellschaften können Krisen besser bearbeiten als autoritäre.

Auch die Transformation hat ihren Ausgangspunkt in einer Krise, der menschengemachten Klima- und Biodiversitätskrise. Sie ist ebenfalls global und kann auch nur multilateral und global gelöst werden. Die Modi des Wirtschaftens, Arbeitens, Wohnens, Lebens, der Fortbewegung, die zu dieser Krise beigetragen haben, müssen neu erfunden werden. Die komplexen Probleme sind mit großen Masterplänen nicht zu lösen, sondern erfordern klare Ziele und agile Methoden.

Die COVID-19-Pandemie hat ein Fenster zum transformationsorientierten staatlichen Handeln der Zukunft geöffnet.

Dabei verschärft die Digitalisierung die systemische Krise, kann sie gar als »Brandbeschleuniger« vertiefen, richtig gestaltet ermöglicht sie aber auch Transformation. Fachliche und föderale Silos müssen überwunden werden, das ist eine Conditio sine qua non der Transformation. Denken in Zuständigkeiten und Hierarchien blockiert administrative Kreativität und systemisches Denken. Die Fokussierung auf die Menschheitsaufgabe Klimaschutz ist eine intergenerationelle Gerechtigkeitsfrage, die demokratische Entscheidungs- und Beteiligungsprozesse zur Voraussetzung hat und damit vor Verhetzung schützt.

Damit ist die Aufgabe der transformierten Administration beschrieben – sie konnte sich während der Pandemie als erstes globales Reallabor erproben und beweisen.

Zugleich ist damit ein Narrativ für die Verwaltungsmodernisierung beschrieben, das sich grundsätzlich von dem der neoliberalen Phase unterscheidet: Mit den Menschen, die unseren Staat von der Kommune bis zum Bund und in den Organen der Selbstverwaltung »am Laufen halten«, soll nun in wenigen Jahren der Transformationsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft ermöglicht werden. Sie werden damit zu Pionieren des Wandels. Sie sind es, die sich ertüchtigen, in Projekten zu arbeiten, digitale Technologien zu nutzen, silo- und ebenenübergreifend zu kollaborieren und Methoden jenseits von Linienstrukturen anzuwenden, wenn sie schneller zum Ziel führen. Die Transformation der Verwaltung erkennt an, selber Bedingung und Treiber des Wandels zu sein, alle Sektoren und Felder von der Planung über Investitionen bis hin zur Qualifizierung gleichermaßen und parallel anzugehen.

Infrastrukturen als wichtigste Cluster der Veränderung

Eile ist in jedem Sektor geboten, in jeder Branche, auf jeder föderalen Ebene. Das »Gefäßsystem« bisheriger und künftiger Industriegesellschaften aber sind die Infrastrukturen. Ihr Lückenschluss ist Voraussetzung für das Gelingen der Transformation:

  • Der Strom erneuerbarer Energien muss dorthin fließen können, wo er gebraucht wird. Leitungstrassen und Wasserstoffpipelines müssen im Rahmen eines nationalen und europäischen Kraftaktes errichtet werden und funktionsfähig sein, Windparks ausgebaut und Solarpaneele aufmontiert werden.
  • Im Verkehrsbereich braucht es ein vollständig elektrifiziertes und digitalisiertes Schienennetz für Güter und Personen. Ertüchtigung, Reaktivierung und Zubau erfordern massive Investitionen – im Vorrang vor der Straße. Ladesäulen überall und flächendeckend entscheiden über die Geschwindigkeit bei der Elektrifizierung des Verkehrs.
  • 5G bis »an jede Milchkanne« ist die Voraussetzung für die Digitalisierung – und digital unterstützte Transformation.

Auf allen Infrastrukturfeldern muss die Geschwindigkeit in jeder Ausbauphase um den Faktor X gesteigert, Planungs- und Genehmigungsprozesse müssen vereinfacht und entsprechende rechtliche Voraussetzungen geschaffen werden. Agiles, projektgestütztes, föderal übergreifendes professionelles Projektmanagement muss die Grundlage dafür sein. All dies erlaubt keine Kompromisse. Der Ausbau der Infrastrukturen ist eine zentrale Staatsaufgabe. Dort, wo sich der Staat Privater bedient, haben sich die vertraglichen Bedingungen dem Ziel der flächendeckenden Versorgung unterzuordnen.

Jahrelanges Vordenken in Reformkommissionen führt genauso wenig zum Ziel wie Abgrenzungs- und Verteilungskonflikte für ein neu geschaffenes Digitalisierungs- und Verwaltungsministerium.

Administrative Ertüchtigung

Wie kann das gelingen, wo nahezu alle bisherigen Abläufe hinter dem erforderlichen Tempo dramatisch zurückbleiben?

Aus der Pandemie haben wir gelernt: Ohne einen aktiven und gut organisierten Staat geht es nicht. Gut organisiert ist der Staat, wenn er sich genauso transformiert, wie er es von den anderen Akteuren der Gesellschaft auch verlangt. Was bedeutet das?

Ein die Transformation unterstützender Staat denkt und handelt missionsorientiert, er fokussiert sich auf das »infrastrukturelle Gefäßsystem«, er richtet seine Politiken danach aus, wie sie auf das Ziel einzahlen, innerhalb der planetaren Grenzen zu wirken. Um seine zeitlich und fachlich komplexen Ziele zu erreichen, stützt er sich auf eine entsprechende Datenbasis, organisiert sich über alle föderalen Ebenen hinweg verstärkt in agil arbeitenden, professionellen Projektstrukturen, ertüchtigt seine Mitarbeitenden in entsprechenden Methoden, begünstigt all jene, die systemisch am Projekterfolg arbeiten, und verschafft ihnen adäquate Raum- und Arbeitsstrukturen.

Fachliche und föderale Silos müssen überwunden werden, das ist eine Conditio sine qua non der Transformation.

Das so ausgelöste Changemanagement wird von der Spitze der Institutionen aktiv begleitet, bestenfalls vorgelebt, professionell gesteuert, bildet sich in den Missionen der Verwaltungsabteilungen ab, die sich von klassischen POH-Abteilungen (Personal, Organisation und Haushalt) hin zu Treibern der administrativen Transformation entwickeln. Diese Abteilungen kennen die fachlichen Zielbilder ihrer Häuser und entwickeln maßgeschneiderte Unterstützungs- und Ertüchtigungsleistungen des Personals, das mit der Transformation befasst ist. Aus- und Weiterbildungseinrichtungen der föderalen Ebenen unterstützen den Kulturwandel. In Netzwerken der Innovation stärken und verstärken die Macherinnen und Macher der administrativen Transformation diese Mission. Fachliche und administrative Fortschritte werden kontinuierlich gemessen und können sich auf entsprechende verknüpfte Datenquellen stützen, erleichtern Controlling und Entscheidungsfindung. Erkannte systemische Hürden im administrativen Handeln werden postwendend aufgegriffen, intersektoral und unter Einbindung der relevanten Stakeholder ausgeräumt, um die notwendige Geschwindigkeit der Transformation zu halten.

Umstürzende Reformprozesse dieser Art brauchen Steuerungsbrücken. Um auch hier schnell voranzukommen, brauchen wir eine Governancestruktur, die die Grundlagen unseres Gemeinwesens respektiert. Dazu zählen in Deutschland der Föderalismus, das Ressortprinzip, die europäische Kooperation, die systematische Mobilisierung von wissenschaftlichem Know-how für die Politik. Dazu gehört aber auch eine sich diversifizierende Parteienlandschaft. Jahrelanges Vordenken in Reformkommissionen führt genauso wenig zum Ziel wie Abgrenzungs- und Verteilungskonflikte für ein neu geschaffenes Digitalisierungs- und Verwaltungsministerium. Stattdessen muss es darum gehen, durch politische Verträge und gesetzlich unterstützte Mitwirkungspflichten der Ressorts, analog zum Klimaschutzgesetz, einen gemeinsamen Ort zu definieren, der im Kanzleramt, in den Staats- und Senatskanzleien ebenso zu finden ist wie in den (Ober-) Bürgermeistereien. Agiles Nachjustieren bei Zielverfehlungen gehört ebenfalls dazu.

Vier Anforderungen an die Transformation der Verwaltung

Erstens: Die digital-ökologische Transformation steht zu Recht in einer Reihe mit den industriellen Revolutionen der Geschichte. Sie sind immer dann gelungen, wenn alles Denken und Handeln auf dieses Ziel ausgerichtet war, wenn Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ihr Handeln komplementär abgestimmt haben. Im Angesicht der Klima- und Biodiversitätskrise muss ab sofort der Fokus auch allen staatlichen Handelns darauf ausgerichtet sein, binnen 25 Jahren die Transformation zum Gelingen zu bringen – und warum nicht mit dem Pathos, menschheitsgeschichtlich Großes zu bewegen? Die Transformation muss das gesamte Mindset künftiger Regierungen prägen. Sie ist Mission und sektorales Zielbild zugleich. Startpunkt ist das Regierungsprogramm 2022 bis 2025.

Zweitens: It’s the infrastructure, stupid! So wie es ohne Eisenbahn keine industrielle Revolution gegeben hätte, kann es keine Transformation ohne erneuerbare Energien und Wasserstoff geben. Jeder Transformationssektor braucht Infrastruktur: Elektrolyseure, Windräder, Solarpaneele, Stromtrassen und Pipelines für die Energiewende, Ladesäulen und digitalisierte Schienenwege für die Verkehrswende, 5G und Breitband als Voraussetzung für alles Digitale. Bei allem braucht es staatliche Unterstützung und Entfesselung, von der Planung bis zur Genehmigung – in neuer, um ein Vielfaches gesteigerter Geschwindigkeit. Hierfür braucht es höchste Priorität im Regierungsprogramm, eine starke ownership im Kanzleramt und eine Governance, die eifersüchtelnde Ressorteitelkeiten unmöglich macht.

Im Angesicht der Klima- und Biodiversitätskrise muss ab sofort der Fokus auch allen staatlichen Handelns darauf ausgerichtet sein, binnen 25 Jahren die Transformation zum Gelingen zu bringen.

Drittens: Die Transformation braucht eine sich »unter rollendem Verkehr« selbst ertüchtigende Administration, die in Ausbildung und Betrieb lernt, wie eine agile Verwaltung schnellstmöglich das treibhausgasneutrale Zielbild erreichen kann. Digitalisierung wird dabei nicht als Selbstzweck verstanden, sondern als Mittel, um über verknüpfte Daten, parallelisierte Prozesse und vereinfachte Instrumente schneller und effektiver zum Ziel zu kommen. Um das zu erreichen, muss es in den kommenden vier Jahren gelingen, Verwaltungen zu datengetriebenen Einrichtungen zu machen. Dazu braucht es missionsorientierte Zentralabteilungen, Chief Digital und Chief Data Officers, von allen Hausleitungen gelebte und vorangetriebene Kulturwandelprozesse sowie einen koordinierenden und machtvollen Ort im Kanzleramt. Auf keinen Fall braucht es Modernisierungskommissionen und eher auch kein Digitalministerium, dessen Konstruktion sich wenigstens zwei Jahre im harten Zuständigkeitsgerangel zu verlieren droht.

Zahllose internationale Beispiele zeigen, wie viel besser Verwaltung wird, die sich verstärkt in Projekten organisiert und systemisch-komplexe Probleme lösen kann.

Viertens: Es wird nicht ohne professionelles Projektmanagement gehen; auch hier muss der Durchbruch zwischen 2022 und 2025 gelingen. Die Industrie hat längst vorgemacht, wie komplexe Marktfragen über Projektmanagement gelöst werden können, schneller, effektiver und nachhaltiger als in sequenziellen Methoden. Die Stadt Hamburg macht seit Jahren vor, wie das geht. Die Hamburg Port Authority hat sich nach erfolgreichem Umbau zum Kopf der Projektmanagementorganisation gemausert. Zahllose internationale Beispiele zeigen, wie viel besser Verwaltung wird, die sich verstärkt in Projekten organisiert und systemisch-komplexe Probleme lösen kann. Für die Bundesverwaltung ist dieser Schritt überfällig. Das nächste Regierungsprogramm sollte ein Bündel an Projekten zur Transformation formulieren, sie sollten alle ein entsprechendes Projektregime durchlaufen.

Transformation und die demokratische Herausforderung

Noch jede industrielle Transformation hat auch das politische System transformiert, wenn nicht revolutioniert. Die rechtspopulistischen Herausforderungen weltweit zeigen, dass die treibhausgasneutrale und digitale Transformation ähnliches Potenzial hat. Wirken Rechtspopulisten regressiv, stellen manche Aktivisten von progressiver Seite die bisweilen schwerfällige Demokratie infrage. Zugleich führt der zeitliche Druck im Angesicht der Klima- und Biodiversitätskrise dazu, Beteiligungsverfahren mitunter als hinderlich zu betrachten. Andere Fallstricke lauern, wo Rechnungshöfe Fehlerkultur als Missmanagement brandmarken, Medien leichtfertig mit dem Vorwurf des Staatsversagens operieren und transformative Prozesse für große soziale Unwuchten sorgen.

Kurzum, unser Leben in 25 Jahren vollständig treibhausgasneutral und innerhalb der planetaren Grenzen digital zu organisieren, Arbeits- und Verwaltungsprozesse in kurzer Zeit grundlegend zu verändern, all das löst auch Verunsicherung und Überlastungssymptome aus, wie sie schon in der Pandemie wahrzunehmen waren.

Als primär technisches oder gar technokratisches Projekt wird die Transformation scheitern.

Es wird daher eine Herausforderung für alle Akteure sein, ritualisierte Praxen aus der fossilen Zeit zu überwinden und das Mindset kollaborativ auf Transformation umzustellen – ohne dadurch zu einer »formierten Gesellschaft« zu werden. Für diese Gemeinschaftsaufgabe braucht es ein starkes Signal, vielleicht starke und breit akzeptierte Persönlichkeiten und Akteure, die sich in ihren unterschiedlichen Rollen unter der Mission der sozial-ökologischen und digitalen Transformation versammeln. Vermutlich wird die darin zu vermittelnde Sicherheit eine Voraussetzung sein, um der populistischen Versuchung und regressiven Rückschlägen dauerhaft in demokratischer Ordnung widerstehen zu können. Als primär technisches oder gar technokratisches Projekt wird die Transformation scheitern. Sie wird ein großes, auch kommunikatives Erklärprojekt werden müssen, das Leben, Arbeiten und Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen mit sozialem Fortschritt und neu gewonnener Lebensqualität verbindet. Alle Schichten der Gesellschaft müssen motiviert werden, selbst Motor und Teil der Veränderung zu werden und nach dem Motto des BMU-Dialogprozesses zu handeln: »Wir schafft Wunder.«

Agenda für 2025

  • Verankerung eines mit weitreichenden Befugnissen und Agenda ausgestatteten Chief Digital Officer im Bundeskanzleramt
  • Umbau der Zentralabteilungen der Ministerien und ihrer Geschäftsbereiche zu Innovationszentralen der digitalen Verwaltungsmodernisierung
  • Entwicklung der Behörden zu datengetriebenen Organisationen
  • Aufbau von Projektmanagementorganisationen in und zwischen den Ministerien und Geschäftsbereichen, Koordination im Bundeskanzleramt entlang der Projekte aus dem Regierungsprogramm
  • Entwicklung transformationsbeschleunigender Planungs- und Genehmigungsprozesse, insbesondere beim Infrastrukturausbau
  • Konsequente Ausrichtung der Personalentwicklung im öffentlichen Dienst an den Erfordernissen der ­digital-ökologischen Transformation
  • Transformationsgerechte Weiterentwicklung der verwaltungsbezogenen Rechtsregime
  • Einsetzung einer Transformationskommission von Bundesverwaltung und Sozialpartnern zur Identifikation administrativer Hindernisse

Dirk Meyer, geb. 1965, leitet die Zentralabteilung (Verwaltung, Haushalt, Forschung und Digitalisierung) im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und hat dort eine umfassende Modernisierungsagenda umgesetzt. Unter anderem hat er mit der »Umweltpolitischen Digitalagenda« erstmals die Themen Umwelt und Digitalisierung verknüpft. Zuvor war er in zahlreichen Landesministerien Nordrhein-Westfalens in leitenden Funktionen tätig, zuletzt im Wissenschaftsressort. Dirk Meyer ist studierter Historiker und Germanist.