Wasserstoff als Chance für Resilienz und Wachstum in Europa

Wasserstoff und synthetische Energieträger werden in einer zunehmend klimafreundlichen Volkswirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Das große Spektrum der für die Wasserstoffnutzung notwendigen Technologien und Komponenten eröffnet Deutschland und Europa die Möglichkeit, durch die Produktion von Schlüsselkomponenten sowie durch den Aufbau neuer Wertschöpfungsketten ein substanzielles Wertschöpfungspotenzial zu erschließen.

In den nächsten Jahren gilt es, eine grüne Wasserstoffproduktion im Inland aufzubauen und darüber hinaus enge Partnerschaften in Europa zu etablieren.

In welchem Umfang wir davon profitieren, hängt entscheidend vom politischen Handeln in diesem Jahrzehnt ab. Der bereits intensive internationale Wettbewerb erfordert schnelle und zielgerichtete Entscheidungen. Schon heute befinden sich die Industriestaaten, insbesondere Japan, Südkorea, China, Kanada und die USA, in einem globalen Wettlauf um die Vorherrschaft bei der industriellen Produktion von Schlüsselkomponenten einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft. Das Wertschöpfungspotenzial betrifft eine Vielzahl von Sektoren, die in Deutschland traditionell einen hohen Anteil an der Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe haben, etwa die Automobil- und Zulieferindustrie, den Maschinenbau oder die chemische Industrie.

Deutschland hat dieses Potenzial erkannt und im Juni 2020 seine »Nationale Wasserstoffstrategie« vorgelegt. Im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets wurden dafür umfangreiche Fördermittel bereitgestellt. Auch einige Bundesländer haben in der jüngeren Vergangenheit Wasserstoffstrategien vorgelegt. Auf die konsequente Umsetzung dieser Strategien und den schnellen Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft kommt es nun an.

Technologische Handlungsfelder und neue Wertschöpfungsketten

Heute werden deutschlandweit jährlich etwa 55 TWhH2 Wasserstoff verbraucht. Mit dem Ziel der Klimaneutralität wird der Wasserstoffbedarf in Zukunft deutschland- und europaweit erheblich ansteigen. Zur Erreichung der Klimaneutralität ist es notwendig, dass der »graue« Wasserstoff in Zukunft CO2-neutral, idealerweise »grün« (mittels Elektrolyse von Wasser), hergestellt wird. Eine weitere Option für die Herstellung emissionsneutralen Wasserstoffs ist die Erzeugung sogenannten »blauen« oder »türkisen« Wasserstoffs aus fossilen Ressourcen wie Erdgas, durch Dampfreformierung oder Pyrolyse mit anschließender Einlagerung oder Weiterverwendung des CO2 beziehungsweise des festen Kohlenstoffs (carbon capture and storage, CCS, oder carbon capture and usage, CCU).

Um Wasserstoff und synthetische Energieträger in großem Maßstab einsetzen zu können, ist der Aufbau neuer beziehungsweise die Transformation bestehender Wertschöpfungsketten notwendig. Eine globale oder auch nationale Wasserstofflogistik fehlt bisher aber weitgehend. Da die Bedingungen zur Herstellung grünen Wasserstoffs regional sehr unterschiedlich sind und insbesondere von den Kosten und der Verfügbarkeit regenerativ erzeugten Stroms abhängen, werden Erzeugung und Verbrauch von Wasserstoff zeitlich und räumlich in Zukunft stark auseinanderfallen. Es ist daher entscheidend, Speicher- und Transportoptionen für Wasserstoff zu entwickeln und auszubauen.

Die zukünftige Wasserstoffnutzung kann in zwei Bereiche unterteilt werden: erstens die Substitution von grauem Wasserstoff in bestehenden Anwendungen und zweitens die Erschließung neuer Anwendungsfelder. In der Industrie gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, bestehende Prozesse durch den Einsatz von grünem Wasserstoff emissionsneutral zu gestalten. Beispiele reichen von der Methanol- und Ammoniakproduktion über die Reduktion von Eisenerz für die Stahlherstellung bis hin zur Bereitstellung von Prozesswärme für die Zementproduktion. Für die Integration von Wasserstoff in bestehende Produktionsprozesse sind zum Teil erhebliche Investitionen in neue Anlagen oder Anlagenkomponenten erforderlich, die über lange Zeiträume abgeschrieben werden. In der Mobilität sind Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe zukünftig insbesondere dort attraktiv, wo heute Dieselmotoren zum Einsatz kommen, zum Beispiel bei Antrieben für Schiffe, Züge, Lkw, Busse, Bau- und Forstmaschinen, landwirtschaftliche Maschinen oder Langstrecken-Pkw.

Synthetische Kraftstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff werden aufgrund der höheren Produktionskosten perspektivisch dort zum Einsatz kommen, wo elementarer Wasserstoff nicht sinnvoll eingesetzt werden kann, zum Beispiel im Langstreckenflugverkehr oder im Überseeschiffsverkehr. Neben der Verwendung in der Mobilität und der Industrie kann Wasserstoff eingesetzt werden, um Emissionen im Wärmesektor zu reduzieren. Dies kann beispielsweise durch eine Beimischung in das Gasnetz oder durch den Einsatz in stationären Brennstoffzellen geschehen. Letztendlich wird in einer defossilisierten Zukunft auch der Energiesektor selbst auf Wasserstoff als Langzeitspeicher für elektrische Energie angewiesen sein.

Schlüsselkomponenten für die Herstellung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff – wie Elektrolyseure, Fahrzeuge, Konversionseinheiten oder Brennstoffzellen – sind bisher relativ teuer. In vielen Bereichen, wie etwa der Wasserstofferzeugung, sinken die spezifischen Kosten erheblich mit der Skalierung der Stückzahl oder der Leistung der einzelnen Anlagen. In der Wasserstofflogistik können die Kosten signifikant gesenkt werden, wenn aufgrund höheren Wasserstoffbedarfs auf effizientere Transporttechnologien umgestiegen werden kann (zum Beispiel Rohrleitungssysteme statt Transport auf der Straße).

Agenda für 2022

  • CO₂-Bepreisungsmechanismen nachschärfen, Strompreis entlasten: EEG-Umlage abschaffen, Stromsteuer auf ein Minimum reduzieren
  • Zertifizierung und Standardisierungsaktivitäten ­koordinieren und beschleunigen
  • Richtungsentscheidung zu blauem und türkisem Wasserstoff als Brückenoption
  • Etablierung von Herkunftsnachweisen
  • Infrastrukturaufbau (H2-Netz und Tankstelleninfrastruktur) vorantreiben
  • Wasserstoffimporte vorbereiten
  • Rechtliche Rahmenbedingungen für Wasserstoff im Gasnetz etablieren

Internationale Einbettung: Energieabhängigkeiten diversifizieren, bestehende Handelsbeziehungen transformieren

Deutschland importiert heute etwa 70 Prozent seines Primärenergiebedarfs und wird auch in Zukunft Energieimporteur bleiben. Perspektivisch werden – statt fossiler Energieträger – klimaneutraler Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe aus weiter entfernten Regionen auf dem Seeweg importiert werden und einen Teil unseres Energiebedarfs decken. Dabei kann teilweise auf heutige Infrastrukturen für fossile Energieträger, wie Erdgas oder Erdöl, zurückgegriffen werden. Zukunftsszenarien und Berechnungen der Bereitstellungskosten von Wasserstoff aus unterschiedlichen Produktionsstandorten im In- und Ausland legen nahe, dass Wasserstoff zu einem großen Teil aus Regionen importiert werden wird, in denen die Stromgestehungskosten sehr gering sind. Dies können europäische Nachbarn wie Island, Norwegen oder Schottland sein, aber auch bisherige Energielieferanten wie zum Beispiel die Länder des Nahen Ostens.

Der Aufbau von Partnerschaften zum Import von grünem Wasserstoff bietet Deutschland die Chance, seine Energieabhängigkeiten zu diversifizieren. Dabei gilt es, die Belange der Partnerländer gezielt mit in den Blick zu nehmen. So können potenzielle Exportländer beim Aufbau und Betrieb von Anlagen sowie durch den Export der Energieträger Wertschöpfung realisieren.

Der Aufbau von Partnerschaften zum Import von grünem Wasserstoff bietet Deutschland die Chance, seine Energieabhängigkeiten zu diversifizieren.

Neben der Diversifikation von Energieabhängigkeiten muss zeitnah die Transformation bestehender Energiehandelsbeziehungen in den Blick genommen werden. Denn eine simple Reduktion unserer Nachfrage nach fossilen Energieträgern wie Gas dürfte zum Green Paradox führen: Der Preis fossiler Energieträger sinkt, Entwicklungs- und Schwellenländer könnten ihr zukünftiges Wachstum dann günstig mit fossilen Energieträgern befeuern. Der Effekt der nationalen Emissionsreduktion auf den globalen Klimaschutz würde konterkariert. Deutschland sollte daher proaktiv eine Transformation der Handelsbeziehungen mit Staaten anstreben, von denen es fossile Energieträger bezieht. Dies kann geschehen, indem im Rahmen bilateraler Abkommen Importe von Gas auf blauen Wasserstoff (auf Basis von Gas) als Übergangstechnologie umgestellt werden und im selben Zuge mit den entsprechenden Partnerländern auch die Produktion von grünem Wasserstoff vorbereitet wird. Letzterer könnte mit zunehmender Kostendegression den blauen Wasserstoff in Zukunft ablösen.

Neben der Vermeidung des Green Paradox führt diese Strategie insbesondere zu einer breiten Verfügbarkeit von Wasserstoff in Deutschland auf kurzen Zeitachsen. Dies wiederum beschleunigt die Entwicklung von Technologiekompetenzen entlang der vielfältigen Wasserstoff-Wertschöpfungsketten und stärkt dadurch die Position deutscher Unternehmen in globalen Märkten. Über den industriepolitischen Nutzen hinaus generiert diese Strategie eine geopolitische Dividende, da sie den Exporteuren fossiler Energieträger zukünftige Wertschöpfungspotenziale eröffnet und somit zur geopolitischen Stabilität beiträgt.

Agenda für 2025

  • Europäischen sektorenübergreifenden Emissionshandel voranbringen
  • Importterminals, grenzüberschreitende und Binneninfrastruktur für den Import und die Verteilung von Wasserstoff auf- und ausbauen
  • Import von grünem sowie blauem Wasserstoff (bilaterale Partnerschaften)
  • Verzahnte Planung von Strom-, Wärme-, Gas- und Wasserstoffinfrastrukturen
  • Im »Klimaklub« mit wichtigen Handelspartnern ­globale CO₂-Preise anstreben
  • Rechtliche Grundlagen für carbon capture and storage (CCS) und carbon capture and usage (CCU) schaffen
  • Fachkräfteangebot sichern

Vollständige Wertschöpfungsketten und Infrastrukturen in Deutschland und Europa aufbauen

In den nächsten Jahren gilt es, eine grüne Wasserstoffproduktion im Inland aufzubauen und darüber hinaus enge Partnerschaften in Europa zu etablieren. Zum einen sind die Transportkosten für Wasserstoff aufgrund der bisher fehlenden Infrastruktur aktuell noch sehr hoch. Zum anderen kann die Kooperation in Europa die Abhängigkeit von Importen aus außereuropäischen Staaten reduzieren und somit die Resilienz der Europäischen Union erhöhen. Auch die wirtschaftliche Erholung nach der Coronapandemie kann durch den Hochlauf einer europäischen Wasserstoffwirtschaft beschleunigt werden.

Mit Blick auf die Wettbewerbsposition heimischer Industrien wächst durch den Aufbau und Betrieb von Wasserstoff-Wertschöpfungsketten die Technologiekompetenz. Dies ist von großer Bedeutung, um die Technologieexpertise der deutschen Unternehmen weiterzuentwickeln und langfristig im Bereich der Schlüsselkomponenten für die Erzeugung, den Transport und die Nutzung von grünem Wasserstoff eine starke Position am Weltmarkt zu etablieren und auszubauen. Industrien mit einem großen Exportpotenzial dürften von einem heimischen Markt für die entsprechenden Komponenten und Anlagen in ihren Anfängen stark profitieren. Die aktuell initiierten IPCEI-Projekte (Important Project of Common European Interest) führen Unternehmen aus den Mitgliedstaaten der EU zusammen und sind daher ein wichtiges Instrument.

Von entscheidender Bedeutung sind darüber hinaus Netzwerkaktivitäten, die Unternehmen, Wissenschaft und Anwender in den Kommunen zusammenbringen, sodass Wertschöpfungspotenziale schnell erkannt und erschlossen werden. Letztendlich können Aktivitäten im Inland mit ihrer Sichtbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger auch die Akzeptanz der Technologien in der Bevölkerung erhöhen.

Rahmenbedingungen auf den Klimaschutz ausrichten: CO₂-Bepreisung europaweit stärken, Energiepreise in Deutschland reformieren

Bei der Skalierung der Produktion für verschiedene Komponenten entlang der Wertschöpfungsketten bestehen zahlreiche Koordinationsprobleme, die die Akteure und ihre Geschäftsmodelle betreffen und nur durch geeignete Rahmenbedingungen aufgelöst werden können.

Um die Koordinationsprobleme aufzulösen, müssen klimafreundliche Geschäftsmodelle generell attraktiver werden als ihre fossilen Alternativen. Nur dann kann sich ein Unternehmen darauf verlassen, dass klimafreundliche Wertschöpfungsketten, zu denen es mit seinen Produkten beiträgt, auch tatsächlich entstehen. Als Leitinstrument der Klimapolitik sollte daher der europäische Emissionshandel erweitert werden, sodass ein sektorenübergreifender und einheitlicher CO₂-Preis auf europäischer Ebene etabliert wird.

Deutschland befindet sich mit Blick auf Wasserstofftechnologien in einer exzellenten Ausgangsposition, um eine führende Position an den Weltmärkten zu erreichen.

In Deutschland behindern aktuell zudem hohe staatlich induzierte Preisbestandteile beim Strom und bundesweit einheitliche Strompreise die Sektorenkopplung. Die Abgaben und Umlagen der Energiebepreisung müssen deswegen dringend reformiert werden. Im ersten Schritt sollte schnellstmöglich die EEG-Umlage wegfallen und eine Reduktion der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz angestrebt werden. Eine Refinanzierung durch die Einnahmen aus der steigenden CO₂-Bepreisung sowie durch den Abbau von direkten und indirekten Subventionen fossiler Energieträger ist möglich. Zusammen mit der Anreizwirkung der CO₂-Bepreisung könnte eine solche Reform erheblich zur Wettbewerbsfähigkeit von wasserstoffbasierten Anwendungen beitragen.

Agenda für 2030

  • Umfangreiche europäische und inländische Wasserstoffproduktionskapazität aufbauen
  • Großskaliger Import von Wasserstoff und dessen ­Derivaten aus Europa und aus Regionen weltweit
  • Sektorübergreifender europäischer Emissions­handel in Europa
  • Koordination der weltweiten Klimapolitik in einem globalen Klimaklub, der CO₂-Bepreisung als zentrales Instrument nutzt
  • Nationale Wasserstoffreserven aufbauen
  • Handel mit Herkunftsnachweisen und Wasserstoff ­sowie dessen Derivaten als commodities voranbringen

Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Fachkräfte

Der Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft kann nur gelingen, wenn zeitnah Infrastrukturen für den Transport von Wasserstoff und die Betankung von Fahrzeugen entstehen. Handlungsbedarf für den Staat besteht bei der Gewährleistung verlässlicher Zeitachsen, bei Entscheidungen hinsichtlich der Regulierung von Wasserstoffinfrastruktur und teilweise auch bei der Förderung von Infrastrukturprojekten. Idealerweise sollte eine integrierte Infrastrukturplanung für Strom, Gas und Wasserstoff erfolgen, um den Interdependenzen der Energiesysteme Rechnung zu tragen.

Darüber hinaus spielen öffentliche Investitionen bei der Forschungsförderung sowie der Ausbildung von Fachkräften eine wichtige Rolle. Besondere Aufmerksamkeit erfordert schon heute der zukünftige Fachkräftebedarf, da die Anpassung von Studiengängen und Ausbildungsinhalten großen Vorlauf hat. Heutige Fachkräfte in der Automobil- und Zulieferindustrie oder auch im Maschinenbau bringen zum Teil bereits Qualifikationen mit, die auch für die entstehenden Wertschöpfungsketten einer Wasserstoffwirtschaft benötigt werden.

Zertifizierung und Standards sind Voraussetzung für private Investitionen

Die sektorenübergreifende Bepreisung von Emissionen und der globale Handel klimafreundlicher Energieträger sind nur umsetzbar, wenn CO2-Emissionen entlang von Lieferketten glaubwürdig und zuverlässig erfasst werden können. Dazu muss ein Zertifizierungssystem etabliert werden, das zum einen die Grundlage von ordnungspolitischen Maßnahmen ist, zum anderen die Eigeninitiative vieler Unternehmen bei Klimaschutzaktivitäten unterstützen kann. Die einheitliche Zertifizierung von Energieträgern und die systematische Ermittlung des CO₂-Fußabdrucks von (Import-) Produkten nach transparenten und möglichst globalen Standards sind zudem die Voraussetzung für die perspektivische internationale Kooperation beim Klimaschutz, die der Einführung eines Mechanismus zum CO₂-Grenzausgleich (carbon border adjustment) vorzuziehen ist, sowie für die Auflage entsprechender Finanzprodukte.

Privatwirtschaftliche Investitionen und marktwirtschaftliche Kräfte mobilisieren

Um Innovationen zum Durchbruch zu verhelfen und zu skalieren, ist ein guter Zugang der Unternehmen zu Wagniskapital entscheidend. Heute steht in den USA und zum Teil in Asien im Vergleich zu Europa ein Vielfaches an Wagniskapital zur Verfügung. Europa muss daher sein Finanzierungsökosystem stärken und die Weichen stellen, damit Klimarisiken und -chancen an Märkten eingepreist werden können. Wichtige Komponenten sind die in diesem Beitrag beschriebenen Anpassungen des realwirtschaftlichen Umfelds, belastbare Informationen und Indikatoren zur Nachhaltigkeit, eine echte europäische Kapitalmarktunion sowie eine Vernetzung der Expertise von Finanzwirtschaft, Realwirtschaft und Wissenschaft. Letzteres könnte die Expertise zu Wasserstoffthemen im Finanzsektor stärken, dadurch Investitionen und insbesondere mehr aktive Beteiligungen an Unternehmen auslösen. Der Ausbau der kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge könnte eine interessante Möglichkeit sein, Kapital für Zukunftsinvestitionen zu mobilisieren und gleichzeitig viele Menschen am zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg zu beteiligen.

Klimafreundliche Geschäftsmo­delle müssen generell attraktiver werden als ihre fossilen Alternativen.

Deutschland befindet sich mit Blick auf Wasserstofftechnologien heute in einer exzellenten Ausgangsposition, um eine führende Position an den Weltmärkten zu erreichen. Es wird entscheidend sein, die Kräfte der Marktwirtschaft zu mobilisieren, um diese herausragende Technologiekompetenz in Innovationen zu übersetzen und eine Skalierung der Produktion in Europa zu erreichen.

Agenda für 2040

  • Inbetriebnahme eines deutschen und europäischen H2-Backbone-Netzes
  • Abschluss des Ausbaus eines europäischen H2-Tankstellennetzes
  • Flächendeckende Nutzung grünen Wasserstoffs, ­Ablösung von Brückentechnologien
  • Infrastrukturen für blauen und türkisen Wasserstoff werden als Negativemissionstechnologien genutzt
  • Globaler Handel mit Herkunftsnachweisen und von Wasserstoff (-derivaten) als commodities ist etabliert
  • Einsatz von Wasserstoff in allen relevanten Sektoren (Industrie, Energie, Mobilität, Wärme)

Prof. Dr. Veronika Grimm, geb. 1971, ist Inhaberin des Lehrstuhls für Wirtschaftstheorie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 2020 ist sie Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Darüber hinaus ist sie in zahlreichen Gremien aktiv, etwa im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung, in der Expertenkommission zum Monitoringprozess »Energie der Zukunft« sowie im Energy Steering Panel des European Academies Science Advisory Council (EASAC). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Energiemärkte und Energiemarktmodellierung, soziale Netzwerke sowie Marktdesign.